Mit der Loreley in den Olymp
Susanne Kapfer ist Sängerin. Anfang März gewann sie den Liedpreis bei einem internationalen Wettbewerb. Warum es ihr beim Singen hilft, dass sie früher Handball spielte
Friedberg Viele Kleinkinder trällern beim Spielen vor sich hin. Die wenigsten singen allerdings Opern. So wie Susanne Kapfer, die bereits als Zweijährige munter klassische Werke intonierte, wenn sie ihre Mutter zum Einkaufen begleitete. Die Lieder hatte sie von ihren beiden großen Brüdern gelernt.
Beide waren jahrelang bei den Augsburger Domsingknaben und brachten der kleinen Schwester so manche Stücke bei. Die Brüder haben mit dem Singen heute nichts mehr am Hut. Susanne Kapfer aber blieb dabei.
Heuer lernt die Friedbergerin an der renommierten Hochschule für Musik und Theater in München. Ihre Stimmlage ist der Sopran. Im Sommer macht sie ihren BachelorAbschluss in Gesang. Danach möchte sie noch zwei Jahre studieren, um einen Master zu machen. Anfang März gewann sie den Liedpreis beim 10. Internationalen Gesangswettbewerb Immling, einem Talentwettbewerb für klassische Sänger, der einmal pro Jahr auf Gut Immling in Oberbayern stattfindet. Mit ihrer Interpretation der „Loreley“von Franz Liszt setzte sich die 23-Jährige gegen ihre Mitbewerber durch.
„Es war mir klar, dass das mit dem Stück bei dem Wettbewerb etwas werden könnte,“erzählt Kapfer. Es gebe Lieder, da fühle man einfach, dass es passe. „Mit manchen Kompositionen kann man sich identifizieren,“sagt die Sängerin. Kapfer mag Stücke, die aus der Zeit der Romantik stammen, so wie auch Liszts „Loreley“. „In der Epoche wurden die Stücke ausladend komponiert. Sie triefen nur so vor Gefühl“, weiß die 23-Jährige. Dieser Tage herrsche überall so viel Kälte, da sei es doch schön, sich zumindest von Musik tief berühren zu lassen. „Nach dem Finalisten-Konzert in Immling kam eine Frau zu mir, die meine Interpretation zu Tränen gerührt hat. Das ist für mich das schönste Kompliment überhaupt“, sagt Kapfer.
Obwohl sie musikalisch schwere und emotionale Kost bevorzugt – wie eine dramatische Operndiva wirkt Susanne Kapfer nicht. Die langen Abendkleider packt sie nur für Auftritte aus. Privat trägt sie Jeans und T-Shirt. Wenn sie redet, machen ihre Hände mit. Ihre Energie ist ansteckend. Immer wieder spielen Mama, Papa und die Brüder in ihrer Erzählung eine tragende Rolle. Alle haben einen entscheidenden Anteil daran, dass Kapfer heute eine Karriere als Sängerin verfolgt. Die Brüder als singende Vorbilder. Der Vater ist Querflötenlehrer und leitet Singklassen und einen Kinderchor. Er brachte seine Tochter schon früh das Notenlesen bei und entdeckte ihr Gesangstalent. Die Mutter wiederum schickte die damals zehnjährige Susanne zum Vorsingen des Augsburger Kinderchores. „Gut, dass Mama mich dazu überredet hat“, sagt die 23-Jährige heute. Denn dort entfachte der Chorleiter ihre Begeisterung für das Singen so richtig. Kapfer durfte in „Tosca“und „Othello“mitwirken und gemeinsam mit der Opernsängerin Sally du Randt auf der Bühne stehen. Nebenher nahm sie Gesangsunterricht.
Drei Jahre später war Kapfer zunächst aber Handball wichtiger als das Singen. Sie wechselte zum TSV Haunstetten und hörte beim Kinderchor Augsburg auf. Zum Gesangsunterricht ging sie aber weiterhin. Als sie im Alter von 15 Jahren dann anfing, gegen ein kleines Taschengeld auf Beerdigungen und Hochzeiten zu singen, realisierte sie, dass man mit diesem Hobby Geld verdienen kann. Und sie erinnert sich: „Damals habe ich gesagt: Irgendwann möchte ich mal in der Arena von Verona singen.“Nach dem Abitur bewarb sie sich an der Hochschule für Musik und Theater in München und wurde genommen. Im dritten Semester gab sie schließlich das Handballspielen auf. Sportlich blieb die Sängerin aber. „Ich gehe viel Laufen. Das trainiert die Lunge und das ist auch gut für das Singen“, sagt sie.
Nicht jeder Nachwuchssänger kann der nächste Opernstar werden, das weiß Kapfer. Sie wirkt, als habe sie sich über ihre eigene berufliche Zukunft viele Gedanken gemacht. „Als freier Künstler kann es natürlich hart werden, weil man auf regelmäßige Engagements angewiesen ist.“Die 23-Jährige kann sich auch vorstellen, fest angestellt in einem Chor zu singen. Für ihre MasterStudien hat sie sich extra einen Schwerpunkt ausgesucht, der es ihr erlaubt, nebenher schon zu arbeiten, um so berufliche Kontakte zu knüpfen und sich zu präsentieren. Vielleicht wird Susanne Kapfer es eines Tages in die Arena von Verona schaffen. Vielleicht auch nicht.
Fest steht, dass sie tagein tagaus das machen wird, was sie liebt: Singen, so schön, dass es Menschen berührt.