Ein Hoch auf die Gartensaison
Für Gartenfreunde ist es höchste Zeit aufzuwachen. Der Trend geht zu Wellness oder „lebendigen Gärten“. Und pflegeleicht sollte es sein. Wächst das zusammen?
Aichach Friedberg „Mensch und Tier haben dieses Jahr besonders lang Winterschlaf gehalten“, berichtet Sabine Dempfle, Geschäftsführerin bei Ketzer Baumschulen-Gartengestaltung. Kaum scheint die Sonne wieder regelmäßig, erinnern sich Hausbesitzer, dass sie einen Garten haben. Seitdem geben sich die Kunden bei dem Fachbetrieb in Friedberg die Klinke in die Hand. Für viele Pflanzen kommt der Schnitt jetzt reichlich spät, denn er sollte in der winterlichen Saftruhe der Pflanzen erfolgen. Jetzt dagegen steht die Pflanzzeit an. Auch hier ist Eile angesagt, denn nach dem langen Winter treiben die Pflanzen dank der Wärme schneller aus. Zu viel Hektik für Hausbesitzer, die ihren Garten als eine Art Open-AirWohnzimmer verstehen. Sabine Dempfle bedauert, dass bei der Neuanlegung von Gärten mittlerweile oft als oberste Zielsetzung gilt, dass diese möglichst wenig Arbeit machen sollen. Blühende Gärten dagegen werden seltener. Umso mehr freut sich die 49-Jährige über den Gegentrend: „Der lebendige Garten mit Pflanzen, Vögeln und Bienen, dass man die Natur in den Garten holt, das ist wieder im Kommen.“
Vinzenz Mayr senior schüttelt den Kopf über manche Kunden bei Blumen Viola. „Viele Menschen haben die Nähe zur Natur verloren“, sagt der 80-Jährige. „Die kennen die Natur vom Auto aus, aber nicht zu Fuß.“In der Gärtnerei an der Meringer Straße wechselt das Sortiment saisonal und richtet sich nach den Zeiten der Pflanzen – nicht nach den Wünschen der Kunden. Für die Frühjahrsbepflanzung eignen sich beispielsweise Veilchen, Tulpen und Narzissen. Mayrs Beobachtung: Wenn Kunden kein Grundwissen darüber haben, welche Pflanze wann blüht, kaufen sie die Wunschpflanze zur falschen Zeit woanders und wundern sich dann, warum sie kaputt geht. Wie in der Mode gibt es auch bei Pflanzen Trends der Saison. Die „In“-Pflanze des Vorjahres kann schon im nächsten Moment ein Ladenhüter sein. Trendsetter können sowohl die Gartenmärkte sein als auch der Nachbar, weiß Mayr.
„In einem Garten sollte das ganze Jahr über etwas blühen“, rät Gartengestalter Klaus Hanneder. „Für jede Jahreszeit gibt es Pflanzen, die Akzente setzen“, so der Techniker für Gartenund Landschaftsbau. Er weiß, dass ein Garten so individuell ist wie die Inneneinrichtung. Der eine Kunde mag es puristisch, der andere naturnah. Der eine modern, der andere im nostalgischen Landhausstil. Immer öfter aber wünschen sich die Klienten statt Gartenarbeit eine private Wellness-Oase. Ebenfalls in: Nachhaltigkeit. Im heimischen Garten bedeutet das: Biopflanzen und der Verzicht auf Chemie bei der Unkrautbekämpfung, beispielsweise durch unkrauthemmende Mulchstoffe.
Wer keinen Hausgarten hat und sich mit einem Balkon nicht zufriedengeben will, dem bietet sich eine Alternative: Der in Frankreich geborene WahlFriedberger Daniel Fauquembergue genießt den Ruhestand mit seiner Frau Angelika im Schrebergarten. Derzeit pflanzen die beiden Salat an. Sie haben aber auch Äpfel, Birnen, Zwetschgen und Kirschen im Kleingarten. Zu den Regeln des Vereins der Schrebergärtner Friedberg zählt: Jeder Garten muss zu mindestens einem Drittel mit Gemüse bepflanzt und die Hecke darf nicht höher als 1,20 Meter sein. Der 69-Jährige freut sich nicht nur über die Flora im eigenen Garten: „Unser Nachbar hat einen fast hundert Jahre alten Apfelbaum, wenn der blüht, ist das eine prachtvolle Angelegenheit.“
Nicht nur für die Augen bietet der Schrebergarten etwas, sondern auch für die Zunge: Die Fauquembergues und andere Gartenfreunde tun sich alljährlich zusammen, um aus ihren Weinreben Federweißen zu gewinnen. Nach vier bis fünf Wochen ist der neue Wein trinkbar. Als Winzer sehen sich die Kleingärtner mit 40 Litern Produktion nicht: „Das ist nur ein Spaß, weil man nicht so viele Trauben essen kann.“
Einen Pflanzentrend wird man bei keinem Gärtner finden: „Die Nachfrage nach künstlichen Pflanzen ist in diesem Jahr sehr hoch“, berichtet Simon Schmittner vom Möbelhaus Segmüller. Die Pflanzenimitate sehen auch aus der Nähe täuschend echt aus. „Die Vorteile liegen auf der Hand:
Man muss sie nicht pflegen oder gießen“, so Schmittner. Für Menschen wie Sabine Dempfle wären Plastikblüten keine Option.
In ihrem eigenen Garten blühen rund 3000 Blumenzwiebeln. „Da ist keine Stelle ohne Farben“, schwärmt sie. „Ich habe wenig freie Zeit, aber die Zeit für meinen Garten nehme ich mir.“