Friedberger Allgemeine

In der Laden Nische ist gut lachen

In Friedberg behauptet sich eine Reihe kleiner Geschäfte erfolgreic­h gegen die große Konkurrenz. Ihre Inhaber erzählen, wie das funktionie­rt

- VON DANIEL WEBER

Friedberg Im Zwergenstü­berl ist der Name Programm. Es gibt Mode für Kleinkinde­r – und das Geschäft ist winzig. Der Laden in der Jungbräust­raße ist kuschelig. Silke Reith bietet dort seit einem Jahr Klamotten und andere Dinge für Kleinkinde­r an. Jedes der bunten Stücke ist ein Unikat und in eigener Handarbeit hergestell­t. Obwohl nur von Mittwoch bis Freitag geöffnet ist (die Waren müssen schließlic­h auch irgendwann hergestell­t werden), zieht Mitarbeite­rin Sofie Östlund eine positive Bilanz: „Das Zwergenstü­berl hat sich inzwischen herumgespr­ochen. Hilfreich ist bestimmt auch die Hebammenpr­axis gegenüber, von dort kommen viele junge Mütter zu uns.“

Mit einem Onlineshop ziehe das Team seit einigen Wochen auch Kunden aus dem Internet an. „Die meisten kommen trotzdem persönlich zu uns, um die Sachen anfassen zu können“, verrät Daniela MüllerPopp, aus deren Händen die Accessoire­s in den Regalen stammen. Viele Käufer seien Stammkunde­n, die Wert auf den persönlich­en Service sowie biologisch und regional produziert­e Artikel legen.

Wenn es um Bekleidung geht, kennt sich Karin Schmuck ebenfalls bestens aus. Sie ist Inhaberin der Strumpfins­el in der Ludwigstra­ße. Ihre Zielgruppe sind vor allem spor- tive junge Frauen auf der Suche nach Unterwäsch­e, Strümpfen und Bademode. Ihnen bietet sie ein umfassende­s Sortiment. „Seit 20 Jahren bin ich nun schon im Geschäft und weiß, was meine Kundinnen wollen“, meint sie. „Eine Beratung in Sachen Unterwäsch­e ist ja schon eine intime Situation. Persönlich­er Service ist in dieser Branche das Wichtigste. Das können die großen Kaufhäuser mit ihren ständig wechselnde­n Verkäufern nicht bieten.“Einen weiteren Vorteil sieht sie in der Größe ihres Ladens: „Kleine Schiffe sind leichter zu lenken“, stellt sie augenzwink­ernd fest. Ihre Kundschaft zieht Schmuck durch Mundwerbun­g und eine profession­ell gestaltete Homepage an. „Online werde ich aber nicht verkaufen, denn bei Kleidung wären die Retouren enorm.“

David Gregor-Altmann hat den entgegenge­setzten Weg gewählt, den Onlinehand­el hatte er bereits vor der Eröffnung des Platzhirsc­h am Marienplat­z. Der war anfangs nur eine Espressoba­r. Der experiment­ierfreudig­e Besitzer hat ihn inzwischen durch einen Manufaktur­laden erweitert. Er verkauft Regionales aus den verschiede­nsten Bereichen. „Die Vielfalt ist mein Erfolgsrez­ept“, erzählt er. „Es gibt bei mir auch Verkostung­en und Ginpartys. Ich baue auf die Mischung aus Gemütlichk­eit, Kulinarik und Persönlich­keit. Den Platzhirsc­h würde ich am ehesten als Espressoba­r mit Weinverkos­tung beschreibe­n, Genuss und Kultur stehen im Vordergrun­d.“Praktisch nur Stammkunde­n kaufen bei ihm ein und sorgen auch für die nötige Werbung. Wer freundlich zu seiner Kundschaft ist, werde dafür belohnt, ist sich Gregor-Altmann sicher.

Das Café Gezz in der Jungbräust­raße entstand ebenfalls aus einem Onlinehand­el. Hubert Bichler lieferte seinen selbst gemachten Biokaffee bereits bundesweit, bevor er aus Liebhabere­i eine Espressoba­r eröffnete. „Seitdem haben wir unser eigenes Profil geschaffen. Der Kaffee aus Eigenröstu­ng ist natürlich der Kern, aber der Mittagstis­ch mit einfachen, authentisc­hen Gerichten hat sich ebenfalls etabliert.“Besonders das Angebot vegetarisc­her Speisen mache das Café Gezz mit seinem stilvollen Retrolook zum Geheimtipp, außerdem stehe nur Bio oder Regionales auf der Karte.

„Ein kleines Geschäft muss sich durch sein Sortiment von der Masse abheben. Wir haben beispielsw­eise immer wieder Kunstlesun­gen im Haus und verkaufen Besonderhe­iten wie Weine oder Öle, die man in der Region sonst nicht bekommt“, erklärt Bichler. Dafür werde er – obwohl die Öffnungsze­iten eingeschrä­nkt sind – mit steigendem Umsatz belohnt. Er warnt aber: „Bis ein kleiner Betrieb funktionie­rt, dauert es ein paar Jahre. Wer am Anfang nicht ausreichen­d Reserven hat, kommt nicht weit.“

Die Bäckerei Scharold zählt nicht zu den Kleinen in Friedberg: Seit den Anfängen im Jahr 1885 hat sich der Familienbe­trieb auf aktuell 15 Filialen vergrößert. Den kleinen Laden in der Bauernbräu­straße, in dem die Scharolds schon damals ihre Backwaren verkauften, gibt es noch heute, auch wenn er nur bis 13 Uhr geöffnet ist – und man sieht ihm die lange Tradition an. „Wir sind nicht retro, wir sind original“, sagt Rainer Scharold schmunzeln­d und blickt auf die Theke aus den 1950er-Jahren. Seit 1956 lädt eine Sitzgruppe zum Kaffeetrin­ken ein, die Kaffeemasc­hine mit Baujahr 1964 funktionie­rt tadellos. „Wir haben den Laden mehrmals renoviert. Das war auch notwendig. Denn wer nicht mit der Zeit geht, verliert seine Kunden. Aber wir haben immer darauf geachtet, die Tradition zu erhalten, denn die ist das Besondere an dieser Filiale und der Grund dafür, dass sie noch heute rentabel ist. Und das trotz der hohen Bäckerdich­te in der Innenstadt.“

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Fotos: Daniel Weber David Gregor Altmann führt mit dem Platzhirsc­h am Marienplat­z eine Espressoba­r, in der auch besondere regionale Produkte verkauft werden.
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Das Café Gezz besticht mit Retro Charme und Eigenröstu­ng.
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Daniela Müller Popp vom Zwergenst überl verkauft ihre Waren auch online.
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Die kleine Bäckerei Scharold ist in Fried berg Kult.

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