Blick hinter Klostermauern
Die Franziskanerinnen von Maria Stern haben für einen Tag die Pforten geöffnet. Eine Besucherin erzählt, was ihr am Leben dort gefällt. Und die Oberin verrät, wie sie Fernseh-Nonnen erlebt
Der Tag der offenen Klöster beginnt bei Maria Stern mit einer verschlossenen Pforte. „Es ist schon ein bisschen eine Schwelle, jetzt hier zu klingeln“, findet Karin Selic. Sie hat sich angemeldet, um einen ganzen Tag lang das Leben hinter den Mauern des Klosters in der Augsburger Altstadt zu erleben. Von außen sieht das Kloster unnahbar aus, nur ein Zettel an der Wand weist auf den Besuchstag hin. Doch die Gäste, die sich trauen, zu klingeln, werden von strahlenden Klosterschwestern empfangen, die sich offenkundig freuen, ihre Gemeinschaft der Öffentlichkeit zu zeigen.
Zum zweiten Mal haben die Ordensgemeinschaften in Deutschland zu einem „Tag der offenen Klöster“eingeladen. Unter dem Motto: „Gut. Wir sind da.“haben sich im Bistum 18 Klöster an der Aktion beteiligt. Jedes hat dabei sein eigenes Programm gestaltet, das Einblicke in das vielfältige Ordensleben gewähren sollte. Es gab Gesprächsmöglichkeiten und gemeinsame Gebete, Klosterführungen, Musikund Kunstvorträge, aber auch gemeinsame Aktivitäten mit den Ordensleuten wie Kerzenziehen oder klösterliche Handarbeiten.
Die Franziskanerinnen von Maria Stern haben ihr Kloster für einen ganzen Tag geöffnet. Wer wollte, konnte mit den Schwestern einen gestalteten Tag hinter Klostermauern erleben oder auch nur für einige Stunden zum Schnuppern kommen.
Die Ordensschwestern plagt der Nachwuchsmangel, berichtet die Provinzoberin von Maria Stern, Schwester Beda. „Wir treten in der Öffentlichkeit ja kaum mehr in Erscheinung“, so die Oberin, die seit 50 Jahren als Franziskanerin lebt. Zu ihrer aktiven Zeit war sie als Lehrerin im Gymnasium Maria Stern in Göggingen tätig. Das Kloster von Maria Stern ist ein Ruhestandskonvent – das Durchschnittsalter der Schwestern liegt jenseits der 70 Jahre. 35 Ordensschwestern sind hier zu Hause, in der gesamten Provinz sind es 122. Die Franziskanerinnen betreiben in Bergheim noch ein Altenpflegeheim, dazu kommen sechs kleinere Häuser. Zum Vergleich: Zur Blütezeit der Franziskanerinnen gab es 1200 Schwestern im Sternkloster, so die Oberin.
Die Franziskanerinnen von Maria Stern waren traditionell in Schulen und Kindergärten engagiert – auf diese Weise überstanden Orden und Kloster auch die Säkularisierung, obwohl das Kloster bereits zum Aussterben bestimmt war, wie Beda berichtet. Bis 2008 war der größte Teil der Schwestern im Schuldienst beschäftigt. Auch wenn es viele traditionelle Aufgaben der Franziskanerinnen nicht mehr gibt, wünschen sie sich doch wieder Nachwuchs für ihren Orden. „Platz wäre ja genug da, und es gibt genügend Berufe für junge Frauen, die sich mit dem Leben in der Klostergemeinschaft vertragen“, ist sie sich sicher.
Die Welt der Klosterschwestern ist einfach, aber geschmackvoll gestaltet. An den Wänden im Kloster hängen Ölgemälde mit Szenen aus der Bibel. Der Kreuzgang ist an die- sem Tag in Sonne getaucht, im Innenhof gibt es eine Rasenfläche, die frisch geschnitten wurde. Später sollen hier Besucher und Schwestern gemeinsam tanzen. Die Tulpen am Wiesenrand sind bereits am Verblühen, die Rosenstöcke tragen noch keine Blüten. Der heilige Franz von Assisi steht umringt von einigen Tieren als große Steinstatue am Rand der Wiese. Die Schwestern haben sich Mühe gegeben mit dem Programm.
Neben der Klosterbesichtigung gibt es viel Information über Leben und Geschichte der Nonnen, am Abend können die Gäste eine gemeinsame Anbetungsstunde erleben. Die eucharistische Anbetung in Maria Stern ist eine Besonderheit – jeden Tag beten die Schwestern im Wechsel von 8 bis 18 Uhr durchgehend – und das seit 80 Jahren, wie die Oberin betont.
Für Karin Selic ist dieser Tag eine Wiederkehr. Vor einigen Jahren, während einer persönlichen Krise, verbrachte sie schon einmal eine Woche in Maria Stern. Seitdem besucht sie den Ort regelmäßig. „Es ist eine Oase in der Stadt, in der ich schnell zur Ruhe komme“, sagt sie. „Wenn man durch die Pforte geht und das Tor hinter einem ins Schloss fällt, ist es, als käme man in eine eigene Welt“, findet sie. „Ich fühle mich hier gut aufgehoben und zu Hause“. Doch trotz ihrer guten Erfahrungen könne sie es sich nicht vorstellen, der Welt ganz zu entsagen und hier dauerhaft zu leben.
Robert Doesel aus Donauwörth war einfach auf das Klosterleben neugierig. Seine Mutter sei als Schülerin auf Maria Stern gewesen. „Ich hoffe, ich komme mit einigen Schwestern ins Gespräch, mich interessiert, was sie denken und was sie eigentlich den ganzen Tag machen, sagt er. „Man kennt Klosterleben ja nur aus dem Fernsehen und hat wenig Bezug, wie die Menschen hier wirklich leben“, sagt er.
Das Klosterleben im Fernsehen wie in „Um Himmels Willen“kennen auch die Ordensschwestern von Maria Stern. „Das schauen wir nicht an, die Filme sind zu banal“, sagt Schwester Beda. Obwohl sie zugeben muss – die zumeist pfiffigen Schwestern im Fernsehen seien Sympathieträger, die dem Bild vom Klosterleben in der Öffentlichkeit guttäten.
Oberin Beda hofft, dass sich wieder junge Frauen finden, die der Ordensgemeinschaft beitreten wollen. „Wir lassen uns herausfordern – unser Überlebenswille ist noch da“, sagt sie.