Christliche Leitkultur
„Zu Deutschland gehört die christliche Leitkultur“, behaupten manche, doch das Etikett „christlich“ist zuweilen sehr unterschiedlich eingefärbt. Die Bibel beschreibt „christlich“mit dem Wort „Nachfolge Jesu“. Das erwartet man in unserer säkularen Gesellschaft nicht, aber wer das Prädikat „christlich“beansprucht, der sollte wenigstens ab und zu fragen, wie wohl Jesus heute in bestimmten Situationen entscheiden und handeln würde. Für Jesus ist die Wertschätzung eines jeden Menschen unabdingbar. Ihm geht es nicht um die Sicherung von persönlichen, staatlichen oder religiösen Vorlieben, sondern immer um den Menschen in konkreten Situationen.
Und um Gerechtigkeit! Wo das Recht der Schwachen verletzt wird, ergreift Jesus Partei. So würde er sich heute sicher melden, wenn unter den Völkern die Kluft zwischen den Armen und Reichen immer größer wird, aber auch, wenn bei uns viele nicht mehr vom Lohn ihrer Arbeit leben können. Er, der das letzte Brot mit Hungrigen teilte, würde auch heute zum wirklichen Teilen mit Flüchtlingen und Verfolgten auffordern, mit mittellosen und entwurzelten Menschen, mit allen, deren Leben gefährdet ist.
Wer der Spur Jesu folgt, der kann nicht Eigeninteressen darüber entscheiden lassen, ob ein behinderter Mensch zur Welt kommen und leben darf oder wie lange ein Sterbender noch Pflege verdient. Jesus würde sicher nicht die Zweiklassen-Versorgung in unserem Gesundheitswesen billigen und auch Chancengleichheit für alle bei der Bildung anstreben. Er würde nicht klein beigeben, wenn man aus Kleinmut in der Rüstungs- oder Migrationspolitik das Kriterium „Krisengebiet“sehr wachsweich auslegt. Jesus war kein Politiker, aber er hat gezeigt, was zu einer „christlichen Leitkultur“gehören sollte.
Gott sei Dank gibt es Menschen, die in dieser Spur bleiben – auch in Deutschland. Jesus versichert: Sie werden reiche Frucht bringen.