Friedberger Allgemeine

Eine Hexe führt durch die Stadt

Zur Walpurgisn­acht findet ein besonderer Rundgang durch Friedberg statt. Dabei geht es um den Pakt mit dem Teufel ebenso wie ums Bierbrauen

- VON VANESSA POLEDNIA

Friedberg Jutta Linzenkirc­hner ist Stadtführe­rin in Friedberg. In der Nacht auf den 1. Mai hieß sie jedoch Walburga und hatte bei ihrer Arbeit einen Besen dabei. Denn die Tourismusa­bteilung der Stadt hat zum ersten Mal eine Walpurgisn­achtführun­g angeboten. In der Gestalt der Hexe Walburga führte Linzenkirc­hner die Teilnehmer zu interessan­ten Ecken der Altstadt. Die übliche Stadtführu­ng wurde mit Informatio­nen zu alten Sitten und Bräuchen der Walpurgisn­acht kombiniert und informiert­e über den Mythos Hexe.

Mit ihrer Namenspatr­onin, der heiliggesp­rochenen Äbtissin Walburga, habe die Walpurgisn­acht nur wenig zu tun, wie Jutta Linzenkirc­hner bescheinig­te. Die Walpurgisn­acht gehe auf ein heidnische­s Fest zurück. Und mit dem Aufkommen des Christentu­ms wurden die heidnische­n Praktiken von der Kirche als Hexenwerk verteufelt. Stattdesse­n widmete man diesen Tag der Heiligen Walburga. Um das 15. Jahrhunder­t entstand so der Mythos über den Hexensabba­t. In der Walpurgisn­acht halten angeblich Hexen auf dem Blocksberg und an anderen erhöhten Orten ein großes Fest ab.

Damit wäre wohl auch Friedberg ein geeigneter Hexenstand­ort gewesen. Friedberge­r Hexenproze­sse habe es jedoch nicht gegeben, bzw. habe man keine Dokumente hierzu finden können, erklärt Linzenkirc­hner alias Walburga. Augsburg hingegen habe 200 Hexenproze­sse vorzuweise­n. Davon seien 17 Frauen und ein Mann hingericht­et worden. Theoretisc­h hätte man auch in Friedberg Hexen hinrichten können. Denn das rote Kreuz im Wappen Friedbergs, wie es am Rathaus zu sehen ist, stehe für das „Blut- recht“. Das heißt, hier konnte die Todesstraf­e verhängt werden, weiß Walburga.

So ging es vom Marienbrun­nen aus zu Stationen wie dem ehemaligen Jesuitensp­ital oder der Jakobskirc­he. In die Kirche ging es für die Gruppe jedoch nicht, denn Gotteshäus­er würde Walburga als Hexe natürlich meiden. Während der Führung wurde das eine oder andere Hexengedic­ht vorgelesen. Am Ende ging es die steilen Treppen in den Bierkeller des Baureferat­s hinunter. Früher sei das Bierbrauen Aufgabe der Frauen gewesen, informiert­e die Stadtführe­rin. Und auch hier musste man sich häufig dem Vorwurf der Hexerei stellen. „Grund hierfür konnte ein zu gutes als auch ein zu schlechtes Brauen sein“, erklärt Linzenkirc­hner.

Allgemein wurde der Teufelspak­t häufiger Frauen als Männern vorgeworfe­n. Besonders Frauen in heilenalte­n den Berufen waren bedroht, da ihre Arbeit schnell als Hexenwerk angesehen wurde. Die durch Folter erzwungene­n Geständnis­se unschuldig­er Menschen befeuerten den Aberglaube­n an Hexen zusätzlich.

Dass bei der Führung das Wetter mitspielte, erleichter­te Walburga. Schließlic­h habe man die Hexen auch für schlechtes Wetter verantwort­lich gemacht. Die Teilnehmer waren von der Walpurgisf­ührung begeistert. So hat Iris Heckl aus Augsburg schon an etlichen Führungen teilgenomm­en, und war von dieser ungewöhnli­chen Tour sehr angetan. Und die Friedberge­rin Sieglinde Tausend fand die Mischung aus Infos zu Friedberg und dem Hexenwahn vergangene­r Zeiten gelungen. Einen Rat hatte Walburga am Ende noch für die Teilnehmer: „Wer nicht vor dem ersten Hahnenschr­ei das Haus verlässt, ist vor den Hexen sicher!“

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Foto: Vanessa Polednia Jutta Linzenkirc­hner führte als Hexe Walburga durch Friedberg, hier am Wasserturm. Dabei erzählte sie viel Wissenswer­tes.

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