Historisch und modern zugleich
Beim Gauschießen in Ried werden über 500 Teilnehmer erwartet, die lukrative Preise im Visier haben. Für Organisator Josef Reitner ist es das letzte große Event, das er auf die Beine stellt. Finale am 5. Mai
Ried Im Schützenheim Ried ist die Zeit stehen geblieben. Zumindest scheint das auf den ersten Blick so. Das Gauschießen eröffnen die Böllerschützen, indem sie mit lautem Getöse große Schwarzpulverwolken in den Abendhimmel schicken. Die Schützen stehen da, aufgereiht in Trachtenjanker und Lederhose, der Schussmeister gibt mit seinem Säbel vor der malerischen bayerischen Landkulisse die Kommandos. Doch bei näherer Betrachtung fällt schnell auf: Nein, altbacken oder altmodisch ist das Gauschießen ganz und gar nicht. Geschossen wird mit hochmodernen Lasergewehren, zu gewinnen gibt es keine Lederhose, sondern einen Laptop.
Das Gauschießen ist der größte Wettbewerb im Sportschützengau Friedberg. Alle seine knapp 3700 Mitglieder dürfen an diesem Wettkampf teilnehmen. Über 500 Schützen sollen es bis zum 5. Mai, dem Tag des Finales, sein. 2012 gab es das bisher letzte Gauschießen in Mering, seit damals traute sich niemand an den großen organisatorischen Aufwand heran. Das änderte sich in diesem Jahr, als sich die Schützengesellschaft Ried bereit erklärte.
Ihr Schützenmeister Josef Reitner übernahm die Organisation. Reitner, 60, ist ein stämmiger Mann mit Schnurrbart. Seit seiner frühesten Jugend ist er Mitglied im Schützenverein. Als er vom Gauschießen erzählt, leuchten seine Augen. „Das Gauschießen ist ganz besonders, weil alle Schützen aus dem Gau mitmachen dürfen“, sagt er. An jedem Wettkampftag steht er am Schießstand. Schon seit über einem Jahr sind Reitner, von allen nur Sepp genannt, und seine Mannschaft mit der Vorbereitung beschäftigt. Und auch hier, als Reitner von den anstrengenden Vorbereitungen erzählt, zeigt sich wieder ein Bild, was viele Vereine an längst vergangene Zeiten erinnern dürfte: 13 Vereinsmitglieder halfen beim Aufbau, vier Wochen lang waren sie mehrmals die Woche beim Schützenheim, um alles vorzubereiten. Laut Reitner ist dieser Zusammenhalt ein wichtiger Bestandteil des Vereinslebens. „Diese Geselligkeit und Gemütlichkeit macht’s aus. Im täglichen Leben ist der Schützenverein für uns einfach sehr wichtig.“Bei vielen Sportvereinen spielt die außersportliche Gemeinschaft nur noch eine untergeordnete Rolle.
Reitners erklärtes Wunschziel für das Gauschießen sind 600 Teilnehmer. Ob er dieses Ziel erreicht, ist noch unklar. Doch schon in den ersten Tagen des Wettbewerbs zieht es viele Sportschützen nach Ried. Das große Interesse erklärt sich Reitner durch die Gewinne: „Die Attraktivität kommt durch die Lukrativität.“Bis zu 1000 Euro Preisgeld winken dem Sieger. Neben den Geldpreisen gibt es viele Sachpreise zu gewinnen: Eine Kaffeemaschine, eine Ballonfahrt oder ein Kochkurs sind nur wenige Beispiele. Die Ausgaben deckten sich laut Reitner mit den Einlagen und Sponsorengeldern.
Als einer der aussichtsreichsten Kandidaten auf die großen Preise gilt Josef Weiß von Gunzenlee Kissing. Sein Ziel ist der Sieg, 600 Euro würde ihm dieser einbringen. Weiß schießt erst seit fünf Jahren, lässt mit seinem 30 Jahre alten Gewehr trotzdem so manchen Jungspund hinter sich: Er nahm bereits an den deutschen Meisterschaften teil, derzeit hat er die bayerischen Meisterschaften fest im Visier. Ihn reizt die besondere Atmosphäre des Gauschießens: „Es ist eine große Veranstaltung und eine riesige Organisationsleistung. Für mich ist das ein Freundschaftsdienst.“
Für seinen Freund Sepp Reitner ist es das erste und zugleich letzte Gauschießen, das er veranstaltet. Im nächsten Jahr will er nach 20 Jahren als Schützenmeister aufhören. „Meine größte Motivation ist, dass das Gauschießen in den nächsten Jahren wieder veranstaltet wird. Der Aufwand lohnt sich.“