Streit um Staatsempfang im Antiquarium
SPD nennt Einladung der EVP „instinktlos“, Grüne beschimpfen Söder als „Prinz Protz“
München Darf der bayerische Ministerpräsident konservativen Parteifreunden aus anderen Ländern einen Staatsempfang auf Kosten des Steuerzahlers spendieren? Oder ist es ein Akt der Höflichkeit, hochrangige europäische Politiker, die sich zu den „Studientagen“der konservativen EVP-Fraktion in München treffen, zu einem Abendessen ins Antiquarium der Münchner Residenz einzuladen? Im Vorfeld des Treffens der Europaabgeordneten kommende Woche ist darüber ein heftiger Streit ausgebrochen.
Als Erster empörte sich der Chef der SPD-Fraktion im Landtag, Markus Rinderspacher. In einem Brief an Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der unserer Zeitung vorliegt, schreibt der SPD-Politiker: „Ich halte diesen Empfang von konservativen Politikern für konservative Politiker auf bayerische Staatskosten für politisch instinktlos und mit dem Grundgesetz unvereinbar.“Es handle sich um eine „Verquickung staatlichen Regierungshandelns mit Aufgaben und Tätigkeiten der konservativen Parteienfamilie“. Das Grundgesetz aber schreibe Staatsorganen parteipolitische Neutralität vor.
Zur Begründung verweist Rinderspacher auf ein aktuelles Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in dem die Pflicht des Staates zu parteipolitischer Neutralität erneut bekräftigt wurde, sowie auf die Richtlinien des Bayerischen Obersten Rechnungshofs. „Der Empfang“, so der SPD-Fraktionschef, „ist nicht anders zu verstehen wie als Wahlkampfauftakt für den CSUWunsch-Spitzenkandidaten zur Europawahl, Manfred Weber, dem auf bayerische Staatskosten der konservative Gesinnungsteppich ausgerollt werden soll.“Er fordert von Söder, den Empfang abzusagen, und kündigt an, „das konservative Politikerfest“auf dem Rechtsweg wie auch vom ORH prüfen zu lassen.
Heftige Kritik kommt auch von den Grünen. „Söder ist der Prinz Protz Bayerns. Es ist die absolute CSU-Mehrheit, die ihm dieses großtuerische Gebaren ermöglicht. Ich glaube nicht, dass die Wählerinnen und Wähler das gutheißen“, sagt Fraktionschef Ludwig Hartmann und fügt mit Blick auf die Landtagswahl im Herbst hinzu: „Vielleicht wacht er am 14. Oktober um 18 Uhr als Bettelprinz auf.“
Auf Anfrage wies die Staatskanzlei jede Kritik zurück: „Die Ausrichtung eines Staatsempfangs für hoch- und höchstrangige Gäste wie Repräsentanten europäischer Staaten, Verfassungsorgane und internationaler Institutionen entspricht protokollarischer Übung und ist für die Bayerische Staatsregierung ein Gebot der Höflichkeit auf dem internationalen Parkett.“Erwartet werden neben den Europaabgeordneten auch der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz, der kroatische Premierminister Andrej Plenkovic, mehrere EU-Kommissare sowie die Präsidentin der Weltbank, Kristalina Georgieva. Rechtliche Bedenken sieht die Staatsregierung nicht – auch weil die EVPFraktion keine Partei, sondern Teil des Europäischen Parlaments „und damit eines Legislativorgans“sei.
Vom Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament, dem CSU-Politiker Manfred Weber, war keine Stellungnahme zu erhalten. Er hat zu den „Studientagen“nach München eingeladen. Der Empfang ist offiziell Teil des Programms. Webers Sprecher verwies darauf, dass der Staatsempfang von der Staatsregierung ausgerichtet werde.