Wirbel um „Krawall Reiseführer“für Augsburg
Vor dem AfD-Parteitag gibt es einen Aufruf zu Randale. Alice Weidel irritiert mit einem Beitrag auf Facebook
Es ist ein „Reiseführer“für Augsburg, den es so noch nicht gab: Seit Wochen kann man sich im Internet eine 44-seitige Broschüre herunterladen, die für den Bundesparteitag der AfD am 30. Juni und 1. Juli in Augsburg verfasst worden ist. Das mutmaßlich von linken Aktivisten erstellte Heft trägt den Titel „Reiseführer für Krawalltouristen“und ist ein offener Aufruf zu Randale. Es sorgt jetzt für einigen Wirbel – und teils für kuriose Reaktionen.
Auch Alice Weidel, die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, äußert sich dazu im sozialen Netzwerk Facebook. Insbesondere SPD, Linke und Grüne müssten den Krawall-Reiseführer „unmissverständlich verurteilen“, schreibt sie. Die Parteien würden sich sonst „mitschuldig“machen an der Gewalt. Das ist eine erstaunliche Forderung, zumindest, was die Sozialdemokraten angeht. Denn die SPD taucht in der Broschüre auch als mögliches Anschlagsziel auf. Die Autoren kritisieren die SPD für die aus ihrer Sicht zu rigorose Asylpolitik der Bundesregierung. Genannt werden die Anschriften der SPD-Parteizentrale in Augsburg und des Büros der Stadtratsfraktion.
Alice Weidel kritisiert, die „etablierten Medien“würden das Thema verschweigen. Die Kritik der AfDPolitikerin kam aber erst vier Tage nach einem Bericht unserer Zeitung über den „Reiseführer“und die Vorbereitungen der Polizei auf den Parteitag. Auf Nachfrage teilt ihr Büro mit, diesen Bericht habe man „nicht wahrgenommen“. Korrigiert wurde der Facebook-Beitrag allerdings nicht. Alice Weidel fordert zudem Ermittlungen des Generalbundesanwalts und eine Aufklärung, aus welchen Quellen die für die Broschüre „erforderlichen erheblichen Finanzmittel“stammen. Ermittelt wird in dem Fall bereits. Allerdings von der Augsburger Polizei. Bislang ist jedoch unklar, wer dahintersteckt. „Wir ermitteln gegen unbekannt“, sagt Polizeisprecher Thomas Rieger.
In dem Heft werden unter anderem Hinweise darauf gegeben, wie Autos angezündet und Wurfgeschosse gebaut werden können. Zudem werden zahlreiche mögliche Ziele für Anschläge genannt, darunter Privatadressen von AfD-Mitgliedern, Behörden, Polizeiinspektionen und Denkmäler. Der Pressesprecher der Polizei sagt: „Wir sind gezwungen, dass wir die Objekte, die angesprochen sind, auch schützen.“Denkbar sei ein sogenannter Raumschutz mit mobilen Kräften in einem bestimmten Bereich oder der spezielle Schutz besonders gefährdeter Objekte, bei dem Polizisten unmittelbar vor Ort sind.
Dass für die Erstellung des Heftes eine Menge Geld und ein kriminelles Netzwerk nötig waren, wie Alice Weidel spekuliert, glauben die Ermittler nicht. So etwas könne eine engagierte Einzelperson oder eine kleine Gruppe auf die Beine stellen, sagt ein Beamter. Fast alle Informationen, die in dem Führer auftauchen, sind im Internet frei zugänglich und einfach zu finden. Auch die Anleitungen zum Bau von Wurfgeschossen wurden von anderen linksextremen Internetseiten übernommen. Die Gestaltung sei mit einem Grafikprogramm am Computer kein Hexenwerk, so der Beamte.
Das macht es aber auch nicht einfacher für die Polizei: Sie kann nur schwer einschätzen, ob es die Verfasser ernst meinen mit ihren Plänen und wie viele Unterstützer sie haben. Unklar ist auch, wie viele militante AfD-Gegner sich vom Aufruf angesprochen fühlen und ihm folgen werden. Nach aktuellen Stand sollen beim Parteitag der „Alternative für Deutschland“rund 2000 Polizisten im Einsatz sein.