Die US Schriftstellerin und der Augsburger Professor
Warum Erfolgautorin Siri Hustvedt und der Amerikanist Hubert Zapf so gute Freunde sind
Damit Freundschaft entsteht, muss einer den ersten Schritt machen. In diesem Fall war es ein Aufsatz über den Roman „Was ich liebte“, erschienen in einem Sammelband zum Werk von Siri Hustvedt, den der Augsburger Amerikanistik-Professor Hubert Zapf an den Verlag schickte mit Bitte um Weiterleitung an die Autorin. Erst einmal hörte er nichts, dann aber kam ein handschriftlicher Brief aus New York, in dem die Schriftstellerin schrieb: „I feel understood.“
Zwei also, die sich verstehen: der Professor, Jahrgang 1948, und die Schriftstellerin, Jahrgang 1955. Dem Brief ließ Zapf eine Einladung folgen, seitdem baut Siri Hustvedt bei ihren Europatouren gerne Augsburg mit ein. So auch diesmal: Zürich, Berlin, Köln, aber eben auch eine Lesung an der Universität Augsburg aus dem noch unveröffentlichten Roman „Damals“und ein Workshop mit den Studenten des Masterstudiengangs Ethik der Textkulturen. Zwei Stunden lang diskutierten die Studenten am Samstagvormittag über den eben erschienenen Essayband „Die Illusion der Gewissheit“. Darin geht Hustvedt, die ein publizistisches Doppelleben als Schriftstellerin und als Wissenschaftlerin führt, der grundlegenden Frage nach: „In welchem Verhältnis zueinander stehen Körper und Geist?“
Was auch bedeutet: Man kommt auf künstliche Intelligenz zu sprechen, auf die Bedeutung von Literatur als eine Art virtueller Realität, geht der Frage nach, ob Menschen glücklich sein können mit der künstlichen Imagination von Liebe durch Maschinen, spricht über Kierkegaard, Hobbes und Cavendish … bohrt also gemeinsam mit Siri Hustvedt, der zweifelnden Quer- und Weitdenkerin, tiefe Löcher in wissenschaftliche Konstrukte, erhält auf Fragen Gegenfragen – und landet plötzlich bei Donald Trump.
Über den Siri Hustvedt lieber gar nicht sprechen möchte, dann aber nicht anders kann: „Entschuldigung, aber das alles regt mich wahnsinnig auf.“Lügner, misogyn, rassistisch... Wie man Hilary Clinton auf eine Stufe mit Trump stellen konnte, als eine von zwei schlechten Kandidaten, es ist für sie noch immer kaum fassbar . Dann aber weiter zu Wissenschaft: Beispielsweise, wie tatsächlich wirken Hormone auf Körper und Geist. „Immer noch mysteriös ...“
In den zehn Jahren der Freundschaft zwischen Hustvedt und Zapf gab es mittlerweile vier Besuche in Augsburg. Und eine Vielzahl von wissenschaftlichen Publikationen, die Amerikanistik in Augsburg gilt mittlerweile als der Lehrstuhl der Hustvedt-Experten. Als Taschenbuch ist eben erschienen der interdisziplinäre Essayband „Zones of focused ambiguity in Siri Hustvedt’s Works“. Gegenbesuche? Gehören wie bei jeder Freundschaft dazu, mehrmals schon war Hubert Zapf im Hause von Siri Hustvedt und Paul Auster, dem wohl prominentesten Schriftstellerpaar Amerikas, in Brooklyn zu Gast.
„Sie ist unglaublich herzlich, unglaublich nett und unglaublich belesen“, sagt Zapf. Sehr komplex im Denken, unkompliziert im Handeln. Und was sagt Siri Hustvedt an diesem Samstag, bevor es zum gemeinsamen Mittagessen mit den Studenten geht, im „Unikum“weiterdiskutiert wird? „Hubert Zapf ist nicht nur ein brillanter Gelehrter, er ist ein wirklich großzügiger, wunderbarer Mensch.“Freunde eben ...