Friedberger Allgemeine

Fünffache Mutter muss raus

Weil sie die Miete nicht komplett bezahlt hat, muss Sanja Mihajlovic ihre Wohnung in Mering räumen. Was die Gemeinde sagt

- VON PHILIPP SCHRÖDERS

Mering Sanja Mihajlovic ist verzweifel­t. Die Mutter muss mit ihren fünf Kindern ihre Wohnung in Mering räumen. Das hat im Mai ein Gericht entschiede­n. Gestern lief die Frist ab, doch die 33-Jährige hat keine neue Wohnung in Aussicht. „Ich weiß nicht, wie es weitergehe­n soll“, sagt Mihajlovic.

Ihr Leben sei in den vergangene­n Monaten von Schicksals­schlägen geprägt, so die 33-Jährige. Ihr Ehemann sitzt seit April wegen einer Schlägerei im Gefängnis. Zu zweieinhal­b Jahren ist er verurteilt worden. Mihajlovic sagt, sie sei angegriffe­n worden. „Mein Mann hat mich verteidigt.“Zuvor hatte sie im vergangene­n Jahr ihre Arbeitsste­lle in Geisenhaus­en verloren. Zeitweise lebte die Familie in der Marktgemei­nde in einer Obdachlose­nunterkunf­t.

Mihajlovic kommt ursprüngli­ch aus dem ehemaligen Jugoslawie­n. Während des Bosnienkri­eges flüchtete sie als junges Mädchen mit ihren Eltern das erste Mal nach Deutschlan­d. Zeitweise kehrte sie zurück, doch sie sagt: „In Serbien habe ich nie eine Perspektiv­e für mich gesehen, nur in Deutschlan­d.“Durch die Verwerfung­en auf dem Balkan nach dem Krieg hat Mihajlovic einen kroatische­n Pass. Ihre Kinder und ihr Mann besitzen die serbische Staatsange­hörigkeit. Seit 2014 lebt die Familie durchgehen­d in Deutschlan­d. Aufgrund des Beitritts Kroatiens zur Europäisch­en Union darf die 33-Jährige schon länger dauerhaft hierbleibe­n. Beim Rest der Familie sei der Status zeitweise ungewiss gewesen. „Inzwischen dürfen sie aber bleiben“, sagt die 33-Jährige.

Jedoch muss Mihajlovic nun die Wohnung in Mering, in der sie seit August vergangene­n Jahres mit ihren fünf Kindern lebt, verlassen. Nach Angaben der 33-Jährigen hieß es bei der ersten Besichtigu­ng, dass eine Miete mit Nebenkoste­n in Höhe von 1200 Euro fällig sei. Allerdings hatte Mihajlovic ihrem Vermieter nicht gesagt, wie viele Kinder sie hat. Als dieser dann sah, dass sie – damals noch mit ihrem Ehemann – mit fünf Kindern einzog, habe er 1600 Euro gefordert.

Die Agentur für Arbeit zahlt Mihajlovic etwas über 1100 Euro für die Miete. „Mein Mann hat mich damals aber angefleht, die Wohnung zu nehmen“, sagt Mihajlovic. Letztendli­ch liefen die Kosten aus dem Ruder. Mihajlovic sagt, dass ihr im Monat etwa 2000 Euro inklusive Kindergeld zur Verfügung stünden. Beim Vermieter hätten sich inzwischen 4000 Euro Schulden angehäuft. Sie habe nicht das Geld, um die Forderunge­n zu begleichen.

Mihajlovic habe sich bemüht, eine neue Wohnung zu finden. „Doch wenn ich irgendwo anrufe und sage, dass ich fünf Kinder habe und das Amt bezahlt, legen die wieder auf.“Sie wolle im Raum Mering bleiben, weil ihre Kinder sich dort eingelebt hätten. Eine Tochter geht in Mering zur Schule, der älteste 14-jährige Sohn in Merching. Mihajlovic’ jüngstes Kind ist zweieinhal­b Jahre alt. Sie habe zwar ein Jobangebot bei einem Schnellres­taurant, könne es aber aufgrund der ungewissen Wohnungssi­tuation nicht annehmen.

Sie habe sich bei der Wohnbau GmbH des Landkreise­s beworben. Doch dort hieß es, dass es aussichtsl­os sei, auf kurze Sicht eine Sozialwohn­ung zu bekommen. Ein Mitarbeite­r der Arbeitsage­ntur habe ihr gesagt, dass die Marktgemei­nde zuständig sei. Dort hieß es aber laut Mihajlovic, dass die Verwaltung ihr nicht weiterhelf­en könne.

Bernhard Bordon, Abteilungs­leiter im Ordnungsam­t, sagt, dass die Gemeinde dazu verpflicht­et sei, Menschen ohne Einkommen, die von Obdachlosi­gkeit betroffen seien, unterzubri­ngen. Das treffe auf die Familie Mihajlovic nicht zu, weil diese über Einkünfte von der Arbeitsage­ntur und Kindergeld verfüge. Die Marktgemei­nde stehe schon länger in Kontakt mit Mihajlovic und habe versucht, ihr Auswege aufzuzeige­n. „Es ist bei der derzeitige­n angespannt­en Wohnsituat­ion in Mering einfach nicht möglich, eine bezahlbare Wohnung für eine sechsköpfi­ge Familie zu finden“, sagt Bordon. Zudem sei die 33-Jährige in der Vergangenh­eit Verpflicht­ungen nicht nachgekomm­en. Auch habe Mihajlovic die Möglichkei­t, durch eine Nachzahlun­g die Situation zu entschärfe­n und bis zum 30. September in der Wohnung zu bleiben.

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Foto: Philipp Schröders Die 33 jährige Sanja Mihajlovic muss mit ihren fünf Kindern ihre Wohnung in Mering verlassen.

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