Ein Volksfest in der Kirche
Trotz des schlechten Wetters war die Jakober Kirchweih am Wochenende etwas Besonderes. Dies lag an über 300 sportlichen Kindern und einer außergewöhnlichen Künstleraktion
Dem Eiswagen hatte sie schon abgesagt, die Liegestühle von der Spitze des kleinen Platzes vor der Kirche St. Jakob reingeholt. Doch Sabine Hofmann vom Stadtteilverein Jakobervorstadt lässt sich nicht entmutigen – vom Wetter nicht und auch sonst nicht: „Wir haben zusammen mit der Gemeinde St. Jakob ein super Fest mit einem opulenten Kulturprogramm auf die Beine gestellt. Für vieles davon braucht es keine Sonne“, sagt sie überzeugt.
Immer zwei Kirchenbänke hat Pfarrer Friedrich Benning einander gegenüber stellen lassen, je einen Biertisch dazwischen. Die Luft duftet nach Hendl, 80 Gäste trinken und essen, als säßen sie im Zelt und nicht in einer Kirche. Vorne im Altarraum spielt die Stadtwerkekapelle. „Volksfest in der Kirche, so ein Setting hatten wir für unsere Kunstaktion auch noch nicht.“
Michael Apitz ist überrascht. Seine Kunstaktion, die Zusammensetzung des aus 95 Teilen bestehenden, vier Meter hohen Lutherporträts, finde normalerweise eher in besinnlicher Umgebung statt. Die Zuschauer werden gebeten, die nummerierten Holztafeln, die am Ende einen monumentalen, in einem Meer aus Rot badenden, jungenhaften Luther ergeben, selbst zum Kunstwerk zusammenzufügen. Ein Luther zum Anfassen, ein gemeinschaftliches Werk, das den Zuschauern die Gelegenheit zur Auseinandersetzung gibt. „Der Kirchweihtrubel um seine Person hier hätte Luther auf jeden Fall gefallen“, erklärt Apitz, als das monumentale Porträt schließlich an der Nordwand der Kirche aufgebaut ist.
Die Anfänge von Kirche und Kirchweih gehen auf die Santiago- de-Compostela-Pilger zurück, an deren Weg die Kirche bis heute liegt. Dass in der Jakobervorstadt die Pilgertradition wieder belebt wurde, so erzählt Benning, sei in erster Linie auf die ansteckende Leidenschaft von „Pilgerpapst“Hubert Ratzinger zurückzuführen. Als dieser als Pfarrer von St. Max nach Großaitingen versetzt wurde, übernahm St. Jakob den Stab.
Vor fünf Jahren ließ er zusammen mit der Jakobus Pilgergemeinschaft die Wohnung im Turm seiner Kirche zu einer Herberge ausbauen – eine von fünf, die die Pilger in Schwaben auf ihrem Weg nach Spanien aufsuchen können. Auch zur Kirchweih kamen etwa 30 Pilger auf einer Sternwallfahrt von Reinhartshofen, Göggingen, Gersthofen und Friedberg zu Ehren des heiligen Ja- kob nach Augsburg. Beim Höhepunkt des ersten Kirchweihtages trifft sich dann jene Vielfalt des Stadtteils, die die Organisatoren sonst nicht erreichen. 332 Schüler der Elias-Holl-, St.-Max- und RoteTor-Schule beteiligen sich beim Jakobuslauf mit 1,4 beziehungsweise 4,8 Kilometer durch die gesperrte Vor- und Altstadt. Auf Arabisch, Türkisch, Russisch, sogar auf Hindi feuern die Eltern und insgesamt etwa 300 Zuschauer die Kinder an. Ihnen winkt eine Urkunde. Der von drei Ärzten gespendete Gutschein über 300 Euro ging diesmal an die Elias-Holl-Schule, die die meisten, nämlich insgesamt 195 Kinder, am Start hatte. Zum Lauf der Erwachsenen über 4,8, über 8,7 oder 10,2 Kilometer gab es laut Veranstalter DJK 120 Anmeldungen.