Ein cooles Plätzchen
Hitze Bei Temperaturen über 30 Grad rinnt der Schweiß. Aber es gibt im Wittelsbacher Land auch Orte, an denen man Abkühlung findet – manchmal sogar kostenlos
Aichach Friedberg. Die Rekordtemperaturen bringen nicht nur Straßenbauarbeiter oder Mülltonnenleerer gehörig ins Schwitzen; bei fast 35 Grad sucht jeder nach einem schattigen Plätzchen. Wir haben uns umgesehen, wo man im Wittelsbacher Land noch Schutz vor der Sommerhitze findet.
● Feinkost Schadl in Friedberg Wenn die Kunden von draußen ins Geschäft kommen, empfinden sie die Ladentemperatur von unter 20 Grad sehr angenehm. „Wegen der empfindlichen Lebensmittel läuft bei uns den ganzen Tag die Klimaanlage“, sagt Gabriele Schadl, „das kostet während der momentanen Hitzewelle natürlich eine Menge Energie.“Wenn sie um 8.30 Uhr ihr Gemüse und Obst vors Geschäft am Marienplatz stellt, muss sie die Stände schon wenige Stunden später wieder abräumen: „Sonst verdirbt bei diesem Wetter die Ware!“Leider könne man in Friedberg keine lange Mittagspause wie in südlichen Ländern einlegen. „Wenn unsere Kunden einige Minuten im Geschäft sind, sagen sie ,Hier bleibe ich gern‘, denn auf dem aufgeheizten Marienplatz läuft man wie gegen eine Wand.“
● Lagerkeller des Landhausbräu Kol ler Gut hat es in diesen Tagen Braumeister Ludwig Koller, der in Hergertswiesen hauseigenes Helles, Dunkles und Weißbier sowie jahreszeitlich wechselndes Saisonbier produziert. Wenn er in seinem Lagerkeller Fässer abfüllt oder Tanks umpumpt, tut er das bei einer Temperatur von drei Grad. „Zur Kontrolle und Qualitätssicherung muss ich täglich in den Keller“, erzählt Koller; dort stehen 18 Tanks mit je zehn Hektolitern. Überall im Haus summt und surrt es, denn 24 Stunden am Tag sind 18 Aggregate in Betrieb, die unter anderem auch von zwei Photovoltaikanlagen gespeist werden. Die sind momentan ebenso im Dauerbetrieb wie der idyllisch gelegene Biergarten in Hergertswiesen mit seinen 300 Plätzen.
● Kühlraum der Metzgerei Reich Leider nicht für die Öffentlichkeit zugänglich ist der Kühlraum der Meringer Metzerei Reich, sonst gäbe es dort bei angenehmen drei Grad sicher ein Riesengedränge. „Hier wird unser komplettes Sortiment an Koch-, Brüh- und Rohwürsten gelagert“, sagt Metzgermeister und Fleischsommelier Alexander Reich. Die Kühlung läuft nicht nur im Sommer, sondern an 365 Tagen im Jahr, im Winter arbei- ten die Beschäftigten dort mit Thermowäsche. Ungefähr 47 Grad heißer ist es in der Kochkammer des Betriebs. „Wenn man dort gearbeitet hat und verschwitzt ist, sind ei- nem danach ein paar Minuten in der Kühlkammer sehr willkommen“, stellt Reich fest.
● Naturweiher beim Sportbund He lios Inmitten des 76 000 Quadratme- ter großen Vereinsgeländes des Kissinger Sportbundes Helios liegt der Naturweiher, in den man bei den aktuellen Temperaturen am liebsten nackt springen möchte. Genau das tun Vorstandsmitglied Peter Widmann und seine Frau Annette samt ihren Vereinskollegen, die Anhänger der Freikörperkultur sind. „Vergangenes Wochenende ging es am grundwassergespeisten Badeteich fast so zu wie am Strand von Rimini“, sagt Widmann. Zum Tagespreis von fünf Euro kann jedermann und jede Frau das kühle Nass und die Sporteinrichtungen des Vereins genießen; anmelden müssen sich Gäste an der Lechauenstraße 24 über die am Tor 2 angegebene Handynummer. Kommenden Samstag und Sonntag wird auf dem Kissinger Vereinsgelände das Petanque-Schwabenturnier um den Zirbelnuss-Wanderpokal ausgetragen, am Samstag um 19 Uhr gibt es eine Theateraufführung der HeliosMitglieder.
● Meringer Pfarrkirche Sankt Micha el Gotteshäuser gelten seit jeher als Zufluchtsort; warum also nicht vor der drückenden Hitze ins kühle Kirchenschiff flüchten, dessen dicke Mauern prima vor der sengenden Sonne schützen? Ein kurzer Aufenthalt bietet noch viele weitere Vorteile: Man hat Ruhe vor der lärmenden Außenwelt und wird nicht wie in einem Café oder Supermarkt dauerberieselt. Oder man blättert im 50 Seiten starken Kirchenführer und bestaunt die Ausstattung der mit Millionenaufwand renovierten Kirche. Man könnte aber auch einfach gar nichts tun und so vielleicht zu seiner inneren Mitte finden oder stille Zwiesprache mit Gott halten. Auch wenn man nicht gläubig oder spirituell ist: Auf jeden Fall ist es in der Meringer Pfarrkirche herrlich kühl.
● Gärtnerei Ullmann in Mering Bei über 40 Grad im Gewächshaus sind Inhaberin Helga Wurm und ihre Kollegin Diana Micko-Traub froh, wenn sie wieder zurück in ihre vergleichsweise kühlen Verkaufsräume gehen können. Dort stehen ein Ventilator und die Türen offen, denn eine eigene Kühlanlage für die Pflanzen gibt es nicht. „Durchzug und jede Menge Wasser für uns und die Blumen“, lautet Wurms Rezept gegen die tropischen Temperaturen. Zwei Liegestühle lassen ahnen, wie herrlich es jetzt am Gardasee wäre, mit den Füssen im Wasser und einem coolen Drink in der Hand. Wirklich kühl ist es bei fünf Grad nur in den Lastwagen, die täglich frische Ware bringen. So angenehm hätten es gern auch die Mitarbeiter der Gärtnerei, die in Mering und Kissing Tag für Tag rund hundert Grabstellen pflegen und bewässern müssen.