Das Schönheitsgeheimnis der Sonnenblumen
Sie haben eine besondere Ausstrahlung. Sie drehen sich in die Sonne. Sie stehen in Reih und Glied auf dem Feld: Wenige Pflanzen faszinieren uns im Sommer so sehr wie die Sonnenblumen. Was steckt hinter den rätselhaften Tricks der Pflanze?
Schon van Gogh war ihnen ganz und gar verfallen und vollkommen fasziniert von den Formen und Farben, unzählige Male hat er sie auf die Leinwand gebannt. Kein Wunder eigentlich, denn Sonnenblumen stehen wie keine anderen Pflanzen für die Sehnsucht nach Sonne, Sommer und Wärme, ja für den Sommer selbst. Mehr noch: Sie gieren förmlich nach jedem einzelnen Sonnenstrahl und genau dafür sind sie auch gemacht. Optimal ausgestattet für genau diese Aufgabe haben sie so manchen Trick auf Lager, um auch den allerletzten Sonnenstrahl noch einfangen zu können. Gleichzeitig halten sie alle möglichen Widersacher davon ab, ihnen ins Handwerk zu pfuschen. Wie machen sie das?
Das Zauberwort heißt Heliotropismus: So nennen Botaniker die Fähigkeit der Pflanzen, dem Lauf der Sonne am Himmel zu folgen. Auf diese Weise sind sie immer optimal zur Sonne hin ausgerichtet und können die maximale Sonnendosis in sich aufnehmen. Nicht nur die Knospen, auch die Blätter verfügen über diese Fähigkeit. Motorzellen im sogenannten Pulvinus, einem flexiblen Teil des Stamms gleich unterhalb der Knospe, sind für die Bewegung verantwortlich.
Die entsprechenden Pflanzenteile, die weniger Licht bekommen, bilden sogenannte Auxine, Stoffe, die für das Pflanzenwachstum verantwortlich sind. Durch das Auxin wachsen die Pflanzenteile im Schatten schneller als die im direkten Sonnenlicht: Die Sonnenblume bewegt sich. Nachts kehren Knospen und Blätter wieder in ihre Ausgangslage Richtung Osten zurück.
Bei älteren Pflanzen verhärtet der Stamm allerdings mit der Zeit und so zeigen alte Blüten zumeist lediglich noch in Sonnenaufgangsrichtung – die Fähigkeit des Heliotropismus geht so verloren. Gerade weil die Blüten und Blätter allesamt gleich ausgerichtet sind, faszinieren uns Sonnenblumenfelder so sehr. Sie sehen immer schön ordentlich aufgereiht und aufgeräumt aus, wachsen nicht wie die sprichwörtlichen Kraut und Rüben wild durcheinander. Aber das ist noch nicht alles.
Ein weiteres optisches Highlight, das erklärt, warum uns die Sonnenblumen so sehr gefallen, ist der Komplementärkontrast, der im Zusammenhang mit einem strahlend blauen Himmel entsteht. Das Blau des Himmels steht im Farbkreis dem Gelb der Blüten gegenüber. Jede einzelne Farbe wird dadurch noch einmal stärker betont und genau das empfinden wir Menschen als besonders ansprechend. Wenn nun auch noch Bienen fröhlich umhersummen, ist der Sommer perfekt und auch der Sonnenblumenhonig konserviert etwas die schöne Farbe.
Die Schönheit der Sonnenblumen setzt sich übrigens bis ins kleinste Detail fort. Die Biologen haben dieses Schönheitsgeheimnis als „Fibonaccifolge“enträtselt. Betrachtet man nämlich die Blüte einer Son- genauer, so fällt auf, dass die Kerne in Spiralen angeordnet sind, die sich nach rechts beziehungsweise links drehen. Die Anzahl dieser Spiralen ist nun keinesfalls vollkommen beliebig, sondern nach mathematischen Gesetzmäßigkeiten aufgebaut, und zwar der sogenannten mathematischen „Fibonaccifolge“entsprechend. Dies ist eine unendliche Reihe von Zahlen, bei denen sich jede einzelne Zahl dadurch ergibt, dass man die beiden vorherigen zusammenaddiert, also: 0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55… und so weiter. Teilt man nun aber eine Zahl der Folge durch diejenige, die in der Reihe unmittelbar vor ihr steht, ergibt sich im Mittel etwa eine 1,6, was dem Goldenen Schnitt gleichkommt, der als besonders harmonisch empfunden wird. So kommt es, dass wir ausgerechnet die Blüten der Sonnenblumen als schön und angenehm empfinden.
Nun ist die Sonnenblume aber nicht nur eine Schönheit, sondern auch ein Biest. Nicht nur ihre Perfektion in Aufbau und Verhalten sorgt dafür, dass sie ihren Mitstreitern um Sonnenlicht und Nährstoffe überlegen ist. Um ihre Pracht zu erhalten, weiß sie sich vorzüglich gegen Fressfeinde zur Wehr zu setnenblume zen. Unzählige kleine Giftstacheln schlagen Insekten augenblicklich in die Flucht, wenn sie mit ihnen in Berührung kommen.
Die Spitzen dieser kleinen Stacheln sind speziell gehärtet mit Silizium, dem Material aus dem auch Computerchips hergestellt werden. Mehr noch: Sonnenblumen sind sogar in der Lage, ihrem Standortboden Gifte zu entziehen und diese einzulagern, etwa in den Stacheln oder auch in den Blättern. Selbst bleihaltigen und radioaktiv belasteten Böden können die Pflanzen ihre Schadstoffe entnehmen. So ist es schon vorgekommen, dass ganze Viehherden innerhalb kürzester Zeit verendet sind, nachdem sie an einem Sonnenblumenfeld gefressen haben. Andererseits kann diese besondere Fähigkeit, Gifte aufzunehmen, aber auch gezielt dazu genutzt werden, um schadstoffbelastete Böden zu dekontaminieren.
Es gibt viele einzelne Sorten: Die „American Giant“ist mit 4,80
Wie sich die Sonnenblume Tag und Nacht bewegt
Die Pflanzen können sogar verseuchte Böden entgiften
Metern Höhe die Riesin unter den Sonnenblumen. Entsprechend kräftig ist auch der Stil. Große gelbe Blüten mit gelbbrauner Mitte gibt’s dazu. Knapp an sie heranreicht „King Kong“mit stolzen viereinhalb Meter Größe, ihre Blütenköpfe sind ganze 30 Zentimeter groß und eher schwarzbraun. Die gut drei Meter hohen Blumen der Sorte „Titan“leuchten besonders schön gelb. Die Sorte „Abendsonne“verdankt ihren Namen dem tiefen dunklen Rot der Blüten in bis zu zwei Metern Höhe.
Eine absolute Schönheit unter den ja ohnehin schon hübschen Blumen ist die „Ring of Fire“. Sie macht ihrem Namen alle Ehre: Um die schwarze Mitte herum sind feurigrote Blätter angeordnet, die zum Rand hin gelb werden. 120 Zentimeter hoch. Für die Ölgewinnung werden spezielle Ölsorten angebaut –inzwischen immer mehr sogenannte „High-Oleic“-Sorten, deren Öl sich für besonders hohe Brat- und Frittier-Temperaturen eignet. Für einen Liter Sonnenblumenöl braucht man in der Regel die Kerne von bis zu 60 Sonnenblumen.
Die bekannteste Sorte der Sonnenblumen-Zierpflanze für zu Hause und den Balkon hört auf den süßen Namen Teddybär. Der Teddy fühlt sich auch in Töpfen wohl, da er nur etwa 45 cm groß wird. Die Blüten sind orangegelb und dicht gefüllt. Kuschelig.