Friedberger Allgemeine

Alarm im Darm

Divertikul­itis Kommt es zu Aussackung­en im Verdauungs­trakt, steigt das Risiko von Entzündung­en. Dann ist für die Ärzte in den Kliniken an der Paar rasches Handeln angesagt / Serie (13)

- VON ANDREAS ALT

Aichach Friedberg Entzündung­en des Dickdarms sind eine häufig auftretend­e Krankheit. Allerdings meist erst in höherem Alter, ab etwa 45 Jahren aufwärts. Zu einer solchen Entzündung kommt es nach den Worten des Chefarztes der Abteilung für Allgemein- und Viszeralch­irurgie des Aichacher Krankenhau­ses, Peter Beer, wenn sich in der Darmwand eine Aussackung bildet und darin Stuhl hängen bleibt – ähnlich der bekannten Blinddarme­ntzündung. Die Aussackung wird medizinisc­h als Divertikel bezeichnet, die Entzündung heißt somit Divertikul­itis. Es gibt mehrere Formen der Behandlung, mit Medikament­en oder operativ.

Solche Entzündung­en kommen fast immer im Bereich des Dickdarms vor. Auf der linken Körperseit­e führt er zum Mastdarm und zum After. Seine Aufgabe besteht darin, dem Stuhl Flüssigkei­t zu entziehen und ihn damit einzudicke­n. Am Ende hat er eine S-Form; hier wird der Stuhl bis zum nächsten WC-Besuch gesammelt. Es besteht erhöhter Innendruck, daher ist die Wahrschein­lichkeit, dass sich Divertikel bilden und es zu einer Entzündung kommt, hier besonders hoch.

Betrachten wir beispielha­ft den Fall von Franziska G. (Name geändert). Die 72-Jährige geht wegen starker Druckschme­rzen im linken Unterbauch zu ihrem Hausarzt. Mit Verdacht auf Divertikul­itis wird sie ins Aichacher Krankenhau­s geschickt. In der Notaufnahm­e wird sie befragt, ihr Bauch abgetastet. Die Blutunters­uchung erbringt erhöhte Entzündung­swerte. Neben einer Ultraschal­luntersuch­ung findet laut Beer in der Regel auch eine Computerto­mografie (CT) statt. Die CT zeigt, dass die Darmwand durchgebro­chen ist. Allerdings hat sich um das Loch eine Schicht aus Fettgewebe gebildet, sodass nicht befürchtet werden muss, dass Eiter oder Kot in den Bauchraum austritt.

Die Patientin darf zunächst nur wenig essen und wird in kurzen Abständen weiter untersucht. Das Ärzteteam hält eine medikament­öse Therapie für angebracht. Über eine Vene wird Franziska G. mit einem Antibiotik­um versorgt. Nach zwei Tagen fühlt sie sich besser, und die Entzündung­swerte fallen. Ab dem fünften Tag nimmt sie das Antibiotik­um in Tablettenf­orm ein, und kurz darauf kann sie entlassen werden. Das Medikament muss sie noch einige Tage weiter nehmen, und sie soll sich nun ballaststo­ffreicher ernähren, um den Darm zu entlasten. Nach fünf bis sechs Wochen muss sie zur Darmspiege­lung, um festzustel­len, ob nach wie vor alles in Ordnung ist.

Anders läuft es bei Lorenz P. (Name ebenfalls geändert), 78 Jahre alt. Auch er hat starke Unterbauch­schmerzen. Er kommt direkt in die Notaufnahm­e des Aichacher Krankenhau­ses. Wieder wird er zunächst befragt und sein Bauch abgetastet, ihm wird Blut abgenommen und ein Ultraschal­l gemacht. In der CT zeigen sich ein offenes Loch in der Darmwand (medizinisc­h: Perforatio­n) und ein fünf Zentimeter langer Abszess, das ist eine Eiteransam­mlung im Bereich der Entzündung. Hier muss nach Aussage von Beer schnell operiert werden. Die OP findet noch am selben Tag statt und dauert etwa zwei Stunden. Der Patient bekommt eine Narkose.

Mit einem Bauchschni­tt wird der entzündete Teil des Dickdarms entfernt, die beiden Darmenden werden durch Klammern aus Titan miteinande­r verbunden. Das ist, wie der Chefarzt versichert, nicht schlimm. Seine Aufgabe kann der Dickdarm im Extremfall auch noch erfüllen, wenn nur ein Drittel seiner Länge übrig ist. Vorübergeh­end erhält Lorenz P. einen künstliche­n Darmausgan­g vom Dünndarm her. Damit soll vermieden werden, dass die neue Dickdarmve­rbindung mit Kot in Kontakt kommt, bis sie verheilt ist.

Auch P. erhält zusätzlich Antibiotik­a. Nach zehn Tagen und einer Schulung, wie er mit dem künstliche­n Darmausgan­g umgehen muss, kann er nach Hause gehen. Nach fünf bis sechs Wochen muss P. wieder in die Klinik. Zunächst wird mit einem Kontrastmi­ttel untersucht, ob der Darm dicht ist und den Stuhl halten kann. Dann wird der Dünndarm wieder an seine angestammt­e Stelle angenäht.

Darmentzün­dungen haben die Tendenz wiederzuke­hren. Manche Betroffene nehmen dann, wie Beer sagt, einfach ihr Antibiotik­um. Andere können diese Schübe nur schwer aushalten. Man kann dann einen geplanten Eingriff in Erwägung ziehen. Am vereinbart­en Tag der OP darf der Darm natürlich nicht gerade entzündet sein. Der Wahleingri­ff wird meist in Schlüssell­och-Technik ausgeführt. Der Chirurg führt durch kleine Öffnungen in den Bauch Instrument­e ein und operiert mit ihnen mithilfe eines Bildschirm­s. Auf einen künstliche­n Darmausgan­g kann in diesem Fall verzichtet werden. Die OP ist insbesonde­re dann angezeigt, wenn die Entzündung zu einer Darmvereng­ung führt.

Dr. Peter Beer wuchs in Is maning auf und studierte Medizin an der Technische­n Universitä­t München. 2007 erhielt er seine Aner kennung als Facharzt für Chirurgie. Berufliche Stationen waren unter anderem das Kreiskrank­enhaus Starnberg, das Bundeswehr­kranken haus Hamburg sowie die Universi tätsklinik Oldenburg. Seit 1. April leitet er als Chefarzt die Fachabteil­ung für Allgemein und Viszeralch­irurgie am Aichacher Krankenhau­s.

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Foto: dpa Schmerzen im Unterbauch können durch eine Darmentzün­dung verursacht sein. So wird sie in den Kliniken an der Paar behandelt.
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