Sie zeigen keine Spur von Politikverdrossenheit
Junge Menschen aus ganz Europa sind derzeit in Augsburg. Sie diskutieren aktuelle Themen und begeistern sich für Europa. Ihre Ergebnisse geben sie am Ende einer hochrangigen Diplomatin
Konflikt gehört zu Frieden dazu, da sind sie sich einig. Sie tragen Anzug, Abendkleid oder Blazer, agieren fast wie echte Politiker – und sind oft erst 18 Jahre alt. Rund 140 junge Erwachsene aus über 20 europäischen Ländern sind in dieser Woche nach Augsburg gekommen, um im Rahmen des Europäischen Jugendparlaments über Außen- und Friedenspolitik zu diskutieren.
Das Jugendparlament, eine Organisation, in der Jugendliche sich mit der Gestaltung Europas auseinandersetzen können, gibt es seit über 30 Jahren. Es soll die Jugend auch für Europapolitik begeistern. Das diesjährige Motto „Building peace by piece“, zu Deutsch, Frieden Stück für Stück schaffen, stand dabei zuerst fest – Augsburg als Friedensstadt habe sich damit als Aus- tragungsort natürlich angeboten, sagt Mit-Organisator Timotheus Riedel, 24. In der Stadt wird das Jugendparlament an verschiedenen Standorten tagen, unter anderem beispielsweise im Goldenen Saal des und im Annahof. Engagiert, jung, liberal: So beschreibt Daria Arjannikov, 24, die Teilnehmer. Damit passe das Jugendparlament „voll“nach Augsburg. Arjannikov studiert an der Uni Augsburg Sozialwissenschaften und ist als Quereinsteigerin mit dabei. „Es wurden lokale Organisatoren gesucht, über die Uni bin ich dazu gekommen“, erzählt sie. Sie ist von der Diskussionskultur hier begeisRathauses tert. Statt über Meinungsverschiedenheiten abzustimmen, werde diskutiert: So lange, bis ein gemeinsamer Nenner gefunden ist. „Für mich ein großer Bestandteil von Frieden“, sagt Arjannikov. Und: „Ich wünschte, ich wäre schon mit 18, 19 dazu gekommen.“Maximal 26 Jahre dürfen die Teilnehmer alt sein, das ist die Regelung. Als größte Herausforderung für den europäischen Frieden sieht Nicolò Morosini Unwissen. In seinem Heimatland Italien sei durch Migration und Flucht viel Hass entstanden; statt Mitgefühl mit anderen Menschen schauten viele nur noch auf sich selbst, sagt der 18-Jährige. Diese Gefahr sieht auch Clara Gaughan, 18, aus Irland. „Flüchtlingskrise, aber auch Brexit: Man sieht, wie viel Angst es vor Veränderung gibt, und Menschen, die anders sind.“Das gefährde auch die EU.
Wie sich solche Herausforderungen lösen lassen, will das Jugendparlament eine Woche lang diskutieren, genau wie das richtige Europa-Parlament. Noch bis 1. September sind die Teilnehmer täglich in ein volles Programm eingebunden, von Ausschüssen zu Außenpolitik bis hin zur abschließenden Vollversammlung. Diskutiert und verhandelt wird auf Englisch. Die Ergebnisse werden am Ende den Schirmherren der Veranstaltung übergeben: EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini und dem bayerischen Ministerpräsident Markus Söder. Auch persönlich werden die Teilnehmer viel mitnehmen können, sagt Rebeca Leal, 22, aus Portugal. Beim letzten Jugendparlament hat sie nicht nur viele neue Kontakte geknüpft: „Das sind so viele neue Impulse, von denen habe ich zum Teil noch ein Jahr später etwas gelernt.“