Schräger Sound im Bahnhof
Es gibt ja Menschen, die behaupten, Herbert Grönemeyer klinge wie eine verrostete Gießkanne. Nun war es Wilhelm Busch nicht vergönnt, den Vergleich nachzuprüfen, aber er hinterließ den viel zitierten Satz, wonach Musik oft als störend empfunden wird, weil stets sie mit Geräusch verbunden. Und mit zu großer Lautstärke, wie der Mann in Füssen fand, der eine Autofahrerin schlug, weil sie im Wagen massiv mit Justin Bieber oder so zugange war.
Musik gar als Folter einzusetzen, hielt der Berliner S-Bahn-Chef für die ideale Lösung, um Obdachlose von der Station Hermannstraße zu vertreiben. Mit atonaler Musik als Waffe. Wer nun entsetzt die drohende Schändung von Schönberg oder Ligeti an den Klanghimmel malt, hat nicht mit dem Verein Initiative neue Musik Berlin gerechnet. Der organisierte am Bahnhof ein Konzert, spielte zeitgenössische Musik und verteilte Lebensmittel an Bedürftige. Der Waffengang wurde abgeblasen. Musik sei kein Mittel für eine kriegerische Auseinandersetzung, diene friedlichen Zwecken. Man könnte ihnen noch Nietzsche vorlesen, nach dessen Erkenntnis das Leben ohne Musik ein Irrtum wäre. Aber bereits die Billiglautsprecher wären der Dynamik und Wucht neuartiger Klänge nicht gewachsen.
Was auch für ICE-Bahnhöfe gilt, wo die Obdachlosen Mitleid mit den Fahrgästen haben, denen das Unternehmen akustische Rätsel aufgibt: „Die 1. Klasse mit den Wagen 12, 14 und – – fährt heute in umgekehrter -Reihung“. Damit nicht genug des Terrors: „Den Anschlusszug in Nürnberg nach Berlin –
(Gegenzug fährt ein) – erreichen wir voraussichtlich
Ja was jetzt?
Wann komponiert mal ein Neutöner die Kakophonie des Bahnsteigs?