Freie Fahrt? Nicht auf einem E Board
Es sind nicht die Bretter, die die Welt bedeuten. Wohl aber Bretter, die in der Zukunft der Mobilität durchaus eine Rolle spielen könnten. Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg. Wie Händler aus der Region damit umgehen
Region Ein Junge steht auf einer Art querstehendem Skateboard und scheint wie per Geisterhand durch die Sportabteilung des Spielwarengeschäfts Spiel + Freizeit in Gersthofen zu schweben. Das Geburtstagskind testet ein E-Board. Gelenkt wird das Brett durch Gewichtsverlagerungen der Füße auf den beiden Plattformen. Diese sind mit Gyroskopen ausgestattet, also Lage-Sensoren. Mehr Druck auf den linken oder rechten Fuß ändert die Richtung dorthin. Neigt man den Körper nach vorn beschleunigt das Brett, neigt man sich nach hinten, bremst es. Klingt einfach.
Ist es auch. Aber nur für Kinder, denn die machen intuitiv alles richtig. Erwachsene Erstfahrer tun sich meist schwerer. Denn archaische Urängste passen schwer mit dem Vertrauen in die Technik zusammen. Die soll das quer zur Fahrt- positionierte Brett nämlich automatisch selbst ausbalancieren. „Wir führen in Augsburg eine Auswahl verschiedener Hoverboards“, sagt Bernd Heinrichsohn, Verkaufsleiter im Saturn Augsburg. „Dabei sind die Boards im Einstiegsbereich ab 179 Euro besonders stark nachgefragt.“Und das, obwohl die Bretter in Deutschland problembehaftet sind. „Wir beraten alle Kunden intensiv dazu, wo und wie die Boards gefahren werden dürfen“, sagt Heinrichsohn.
Streng genommen ist die Nutzung der Rollbretter fast nirgends erlaubt. So wurden am Freitag, dem 13. Juli, ein Erwachsener und ein Kind abends auf einer Straße in Mering von einer Streife erwischt. Strafanzeigen waren die Folge. Das Dilemma: Juristisch gelten die motorisierten Bretter als Fahrzeuge, erfüllen jedoch nicht die technischen Voraussetzungen für eine Zulassung. „Eine Benutzung ist nur auf nicht öffentlichem Verkehrsgrund zulässig“, erklärt Michael Jakob vom Polizeipräsidium Schwaben Nord. Bei Missachtung kommen gleich mehrere Tatbestände infrage: Fahren ohne Zulassung, ohne Fahrerlaubnis, ohne Betriebserlaubnis, ohne Kennzeichen, ohne Versicherung. Ebenso ein Verstoß gegen die Kraftfahrzeugsteuer. Erwachsenen drohen Geldstrafen bis zu 100 Euro und ein bis zwei Punkte in Flensburg. Kinder bis 14 Jahren sind schuldunfähig. Allerdings können die Eltern zur Verantwortung gezogen werden. „Insbesondere Schadenersatzansprüche bei Unfällen stellen eine finanzielle Belastung dar“, sagt Michael Jakob.
Bleibt also die eigene Hofeinfahrt als Rollfeld. Selbst der Supermarktrichtung parkplatz an einem Sonntag ist eine juristische Grauzone. Denn der Parkplatzeigner kann die Nutzung verbieten. Aus Sicht der Hersteller bremst die hiesige Rechtslage das Potenzial aus. „Andere Länder sind uns da weit voraus“, sagt Andy Harutyunyan, Marketingleiter der Marke Robway aus Breitengüßbach bei Bamberg.
In den Metropolen Italiens, Spaniens und Frankreichs würden E-Boards, E-Scooter und MicroRoller längst die urbane Fortbewegung erweitern. „Das ist die Zukunft“, ist er überzeugt. „Die Bundesregierung arbeitet gerade an einer einheitlichen Lösung für die neue Fahrzeugklasse ElektroKleinstfahrzeuge, welche noch im Jahr 2018 in Kraft treten soll“, bestätigt Manuel Wieler, Business Development Manager beim Mitbewerber Io Hawk. Der Verordnungsentwurf sei derzeit in der RessortAbstimmung.
Nicht nur Hersteller und Geschäfte würden die freie Fahrt begrüßen, sondern auch der Augsburger Stadtverband der Grünen. Nicht nur als Kinderspielzeug. Vorsitzende Melanie Hippke kann sich die E-Boards als Teil einer „multimodalen Mobilität“in der Schwabenmetropole gut vorstellen. „Das würde eine Lücke schließen, denn Leute könnten Laufwege sparen, indem sie damit zu den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. So bliebe das Auto komplett stehen“, glaubt Hippke. Sobald das Fahren auf öffentlichen Wegen legal sei, würden auch Erwachsene die Vorzüge der E-Boards für sich entdecken, ist die Politikerin überzeugt.
Übrigens entschied der Vater im Idee + Spiel trotz des souveränen Fahrstils seines Sohnes: „Heute wird kein E-Board gekauft.“Ob das am Preis lag? Das vom Geburtstagskind getestete Luxusmodell von Hama kostet 600 Euro.
Die Hersteller hoffen auf eine neue Rechtslage