Wenn Familien auf der Straße landen
In Friedberg bekommen Menschen, die ihre Bleibe verloren haben, Unterstützung von der Stadt und von ehrenamtlichen Helfern. Durch den Wohnraummangel verschärft sich die Situation
Friedberg Es gibt viele Gründe, aus denen Menschen Haus oder Wohnung verlieren können. Das geschieht nicht nur Einzelpersonen, sondern immer wieder ganzen Familien. Damit betroffene Eltern mit ihren Kindern kein Leben auf der Straße führen müssen, gibt es auch in Friedberg Hilfsangebote. Doch sie sind nur als Übergangslösung gedacht, bis die in Not Geratenen ihre Verhältnisse wieder geordnet haben.
Thomas Gunzl ist Abteilungsleiter für Haushalt, Stiftungen und Wohnungen bei der Stadt Friedberg. Er ist für die beiden Obdachlosenunterkünfte in Friedberg und Ottmaring zuständig und erwartet für die kommenden Jahre mehr Hilfesuchende. Wegen des angespannten Wohnungsmarktes hätten immer mehr Leute Probleme, ihre Miete zu zahlen oder eine neue Wohnung zu finden, beobachtet er.
2017 musste die Stadt Friedberg neben neun Einzelpersonen auch drei Familien unterbringen – deutlich mehr als in den Vorjahren, wie aus einer Statistik des Landratsamtes Aichach-Friedberg hervorgeht. Trotz des großen Andrangs fand die Stadt Raum für alle Familien, die mehr Platz brauchen als Einzelpersonen. Eltern mit Kindern und Paare finden seit 2017 in Ottmaring ein Dach über dem Kopf, die Unterkunft Birkenau in Friedberg nimmt Einzelpersonen auf.
Doch mit der Unterbringung der Obdachlosen, zu der die Stadt gesetzlich verpflichtet ist, ist das Problem nicht erledigt. Nun gilt es für die Betroffenen, die Ursachen für ihre Misere anzugehen. Diese sind vielfältig, meint Petra Gerber, die sich zusammen mit Robert Höck ehrenamtlich als „Private Obdach- Friedberg“engagiert. „Dass sie ihre Wohnung verloren haben, liegt meist daran, dass sie die Miete nicht mehr zahlen konnten. Die ganze Situation ist sehr belastend und geht oft Suchtproblematiken einher. Und die wiederum erschweren die Jobsuche.“Gunzl bestätigt, dass es sich meist um „Multiproblemlagen“handle. Auch nach der Entlassung aus dem Gefängnis sei es sehr schwierig, eine der wenigen verfügbaren Wohnungen zu ergattern.
Es ist ein großes Problem für die Betroffenen, Arbeit und Wohnraum zu finden. Aber auch kleine Dinge wie der Schulbeginn können zur Herausforderung werden, wenn das Geld fehlt. Gerber stellt in Zusammenarbeit mit Edeka Wollny Essensgutscheine zur Verfügung, die spendenfinanziert sind und die sie bei Bedarf ausgibt. Sie kauft auch zusammen mit den Menschen ein, damit das Geld auch tatsächlich für die wirklich wichtigen Dinge ausgegeben wird. Außerdem hilft sie mit Dingen wie Möbeln, Kühlschränken oder Heizöl für die Einzelöfen aus.
„Am schwierigsten ist für die Menschen aber die Alltagsbewältigung“, weiß sie. „Anträge sind rechtzeitig abzugeben, sie müssen sich selbstständig um einen Arbeitsplatz und um den Weg dorthin kümmern. Überfordert mit der eigenen Situation und teilweise mit psychischen Problemen tun sich viele sehr schwer mit solchen Dingen.“
Friedberg hat als erste Stadt der Region Unterstützung für Menschen in Notunterkünften organisiert. Knut Bliesener vom Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) kümmert sich unter anderem um die Friedberger Familien und vermittelt sie an die passenden Stellen weilosenhilfe ter wie an die Schwangerenberatung oder die pädagogische Familienhilfe. „Bei der Wohnungssuche unterstütze ich sie selbst und kläre auch die Einkommenssituation mit den Hilfesuchenden“, sagt er. „Außerdem versorge ich sie über das SKM mit Möbeln oder Kleidung.“
Die Obdachlosenunterkünfte sind keine Dauereinrichtungen, sondern sollen Menschen helfen, Notsituationen zu überbrücken. Die Bewohner müssen sich um Arbeit und Wohnung bemühen, das schreibt die Stadt vor. „Gerade den Familien liegt viel daran, dieser Forderung nachzukommen“, erklärt Gerber. „Falls den Kindern nämlich ein Leben in Obdachlosigkeit droht, würde das Jugendamt einschreiten, das die Familien betreut, und sie in ein Heim vermitteln.“Dass es tatsächlich so weit kommt, hat Gerber aber noch nicht erlebt.