Generation Glücksfall
Florian Illies folgt der Erfolg: als Journalist, als Schriftsteller, als Leiter eines Kunstauktionshauses. Nun wird er im Januar Chef des Rowohlt Verlages
Die Aufgabe eines Verlegers sei es, Mut zu machen. Sagte einst der große SuhrkampVerleger Siegfried Unseld. Was aber auch bedeutet: Man muss selber davon eine ordentliche Portion besitzen. Die hat Florian Illies, 47 Jahre alt, ganz offenbar! Im Januar kommenden Jahres wird er Chef des Rowohlt Verlages, einer der wichtigsten deutschen Publikumsverlage.
In einem der ersten Interviews kurz nach Bekanntgabe der Personalie zeigte er auch gleich, wie das Mutmachen in einer angesichts des stetigen Leserschwunds laut vor sich hin seufzenden Branche geht. „Man muss das Buch nicht schützen, es ist vital und geheimnisvoll und unzerstörbar“, sagte Illies dem Spiegel.
Das Buch müsse es nur schaffen, attraktiver zu sein als der Blick zum Handy, als Gegengift quasi. Er jedenfalls wolle bei Rowohlt Bücher machen, von denen die Menschen träumen… Beste Bücher also. Bestseller natürlich auch.
Illies, geboren im hessischen Schlitz, den im Übrigen die Jugendbuchautorin Gudrun Pausewang in der Grundschule unterrichtete, hat beides schon selbst gemacht, sprich geschrieben: Beste Bücher, die sich bestens verkauften. In seinem Buch „Die Generation Golf“unterzog er vor knapp 20 Jahren den Typus des Westdeutschen, geboren zwischen 1965 und 1975, einer Inspektion. In seinem vor sechs Jahren erschienenen „1913“inspizierte er das europäische Kulturleben vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Und davor und dazwischen? Karrieren! Feuilletonchef der Frankfurter Sonntagszeitung, Feuilletonchef der Wochenzeitung Die Zeit, zusammen mit seiner Frau Amélie von Heydebreck Gründer und Herausgeber des Kunstmagazins Monopol, zuletzt geschäftsführender Teilhaber des Auktionshauses Villa Grisebach.
Ein Vieleskönner also, mit feinem Gespür für den Zeitgeist, künstlerischem Anspruch und zugleich unternehmerischen Fähigkeiten, was ihn nach Ansicht des Geschäftsführers der Holtzbrinck Buchverlage, Joerg Pfuhl, daher zu einem „seltenen Glücksfall für Rowohlt“macht. Dass die Freude darüber im Hause nicht ungetrübt ist, auch bei weltberühmten Autoren wie Daniel Kehlmann, Jonathan Franzen oder Elfriede Jelinek, liegt denn auch weniger an Illies, dem „Kulturszenensuperman“, wie ihn die Welt nannte, sondern an der zweiten von Rowohlt zugleich verkündeten Personalie: Vorgängerin Barbara Laugwitz wurde recht emotionslos und knapp verabschiedet, trotz guter Zahlen. Angeblich gab es unterschiedliche Vorstellun- gen über den weiteren Weg des Verlags.
Bevor Illies nun bei Rowohlt übernimmt, hofft der Fischer Verlag (ebenfalls Holtzbrinck) erst einmal wieder auf den Glücksfall Illies. Da erscheint in wenigen Wochen dessen neues Buch „1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte“. Was ihn danach erwartet, hat der langjährige Hanser-Verleger Michael Krüger einst wie folgt beschrieben: „Psychologe, Geschäftsmann, Lektor, Freund – man muss alles sein.“Könnte passen.