Friedberger Allgemeine

Die Radlnacht – wertvoll oder überflüssi­g?

Wertvolles Symbol Die Veranstalt­ung vom Samstag sorgt noch immer für viele Diskussion­en – auch innerhalb unserer Redaktion

- VON MARCUS BÜRZLE mb@augsburger allgemeine.de

Die Radlnacht könnte ein Opfer ihres Erfolgs werden. Zum Auftakt vor drei Jahren kamen schon viel mehr Menschen als erwartet. Dann radelten 6000. Und dieses Mal setzten sich trotz des schlechter­en Termins rund 5000 Menschen aufs Rad. Das kann nicht ohne Einschränk­ungen für andere angehen – setzt aber ein wertvolles Zeichen. Ja, für was eigentlich? Für das Fahrrad, für den Willen, Augsburg noch besser den Bedürfniss­en von Radlern anzupassen, aber auch für eine zentrale Frage: Wie soll der Verkehr der Zukunft aussehen? Und dann soll ausgerechn­et in Zeiten von Stickoxid, Dieselskan­dal und Fahrverbot­en Schluss sein?

Keine Frage, die Radlnacht soll Spaß machen. Einmal im Jahr eine Runde durch die Stadt drehen auf Straßen, die sonst tabu sind. Andere Radler treffen. Zuschauer am Straßenran­d grüßen. Doch die Radlnacht ist keine Spaßverans­taltung. Sie ist Symbolpoli­tik – aber im besten Sinn. Die Stadt hat sich vorgenomme­n, den Anteil des Radverkehr­s auf 25 Prozent zu steigern. Der Stadtrat hat der „Fahrradsta­dt“ einstimmig den Segen erteilt. Das ist kein Geschenk an ein paar verrückte Radler. Niemand hat die Verantwort­lichen unter Androhung schlimmste­r Plagen dorthin getrieben. Stadt und Stadtrat wissen sich schließlic­h zu wehren. Augsburg hat (wie viele andere Städte) erkannt, dass sich der Verkehr nicht immer weiter am Auto ausrichten kann. Dafür wird gebaut. Aber das reicht nicht. Getreu dem Motto „Tu Gutes und sprich darüber“muss man die Menschen auch einladen, aufs Fahrrad zu steigen. Die Fahrradnac­ht ist Werbung. Und obwohl sie 100 000 Euro kostet, kann sich das schnell auszahlen.

Wenn man auf diesem Weg Menschen dazu bewegen kann, manchmal, öfter oder immer per Rad statt Diesel durch die Karlstraße zu fahren, ist mit wenig Geld viel für die Umwelt aber vor allem die Gesundheit der Menschen in der Stadt erreicht. Man kann lange über Nachrüstun­gen in Pkw streiten. Wer in den Sattel steigt, erzielt sofort einen Effekt. Obendrein sind die Straßen für alle, die Auto fahren müssen oder wollen, ein wenig leerer. Es geht nämlich nicht um ein Gegeneinan­der.

Die Radlnacht ist nicht da, um Autofahrer zu ärgern. Sie werden an einem Tag im Jahr ausgebrems­t. Das stimmt. Und gerne kann man die Strecke auch ändern, dass es nicht immer die gleichen Anwohner trifft. Der Termin ist jedoch lange bekannt und die Zeit der Sperrungen überschaub­ar. Das trifft auch auf die Maxstraße zu. Wir finden uns das ganze Jahr über damit ab, dass die schönste Straße der Stadt ein Parkplatz und eine Teststreck­e für getunte Karossen ist. Vielleicht hat der eine oder andere am Samstag die Ruhe genossen. Und den Wirten kann geholfen werden. Im Sommer ist die Radlnacht noch schöner. Und wer da mitradelt, hat danach garantiert Durst auf ein Radler – oder so.

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Foto: Silvio Wyszengrad Rund 5000 Radlnacht. Menschen kamen zur

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