Wohnungsnot: Wo der Staat mehr tun muss – und was er besser lässt
Steigende Immobilienpreise und explodierende Mieten gefährden den gesellschaftlichen Frieden. Doch behördliche Regulierungswut verschärft die Misere
Der Staat muss mehr gegen Wohnungsnot und explodierende Mieten tun – fast jeder wird dem zustimmen. Darum hat sich die Große Koalition, die ja immer mehr einem bedrohlich wackelnden Gebäude gleicht, auf eine Wohnraum-Offensive geeinigt. Das Paket enthält viele Milliarden Euro für mehr Sozialwohnungen, mehr Wohnbauförderung, mehr Wohngeld für Geringverdiener.
Ja, der Staat muss mehr tun. Doch gleichzeitig gilt auch das Gegenteil. Der Staat, davon ist nun immerhin in Ansätzen die Rede, muss in einigen Bereichen weniger tun. Sich weniger einmischen. Weniger regulieren, weniger kassieren, den Wohnungsbau weniger behindern.
Kaum irgendwo auf der Welt müssen sich Bauherren mit so vielen Vorschriften, derart komplizierten Genehmigungsverfahren, so langen Fristen und so hohen Kosten herumschlagen wie in Deutschland. Standards sind wichtig, doch mitunter ist gut gemeint das Gegenteil von gut. Ausufernde Energiesparrichtlinien etwa bedeuten im Ergebnis für den Mieter oft: minimal geringere Heizkosten, gewaltige Erhöhung der Miete.
Das Dickicht der Vorschriften gehört massiv gelichtet, auch was die Ausweisung von Bauland betrifft. Nicht überall in Deutschland sind geeignete Flächen knapp. Tatsächlich verfügt gerade die öffentliche Hand über erhebliche Reserven. Die sie aber nicht einfach an den Meistbietenden verkaufen darf, sondern an Investoren, die sich verpflichten, möglichst günstige Wohnungen zu bauen.
Den Erwerb von Wohneigentum zu fördern, ist richtig, etwa mit dem Baukindergeld. Doch wie soll eine Familie, die schon den Großteil ihres Einkommens für die Miete ausgibt, überhaupt Eigenkapital für den Kauf eines Eigenheims bilden? Unmöglich, wenn die Kaufpreise immer höher klettern und proportional dazu die Kosten für Makler und Notar. Bei der Grunderwerbsteuer langt auch der Staat kräftig zu. Sie abschaffen oder senken – das wäre eine Entlastung.
Wohnungsnot, explodierende Mieten und steigende Immobilienpreise sind übrigens kein flächendeckendes Phänomen. In vielen Gegenden stehen Wohnungen leer, Häuser verfallen. Wenn der Staat seine Anstrengungen voll auf die Städte konzentriert, verstärkt er den gefährlichen Trend noch. Statt um jeden Preis und mit wenig Aussicht auf Erfolg zu versuchen, die Mieten in Metropolen zu drücken, sollten Infrastruktur, Attraktivität und Verkehrsanbindung des ländlichen Raums gestärkt werden.
Natürlich dürfen sozial schwache Bewohner der Städte nicht den unbarmherzigen Kräften eines mancherorts entfesselt scheinenden Immobilienmarkts überlassen werden. Doch so wichtig öffentlicher sozialer Wohnungsbau und Mieterschutz sind: Private Vermieter dürfen nicht verteufelt werden, wie das manche Politiker aus dem linken Spektrum gerne tun. Für viele Bürger, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, ist die vermietete Wohnung ein wichtiger Baustein der Altersvorsorge. Es ist weit sozialer, wenn Menschen ihr Geld in die Schaffung von Wohnraum investieren als in irgendwelche fragwürdigen Finanzprodukte.
Der Staat allein wird die Wohnungsnot auch mit dem neuen Milliardenpaket nicht in den Griff bekommen. Ohne private Initiative geht es nicht. Mieter schützen, den Erwerb von Wohneigentum fördern, Vermietern keine unnötigen Hindernisse in den Weg legen: Es bedarf vieler Bausteine, um die gewaltigen Probleme auch nur zu lindern. Ja, der Staat muss in einigen Bereichen seiner Verantwortung noch viel stärker gerecht werden. Doch dazu gehört eben auch, dass er sich aus manchen Feldern besser heraushält.
Der ländliche Raum muss gestärkt werden