Friedberger Allgemeine

Schelte für die CSU

Nach dem Verlust der absoluten Mehrheit sieht der Ehrenvorsi­tzende der CSU Aichach-Friedberg die Verantwort­ung auch bei den Kandidaten. Wie wollen diese das Vertrauen zurückgewi­nnen?

- VON THOMAS GOSSNER

Nach dem Verlust der absoluten Mehrheit geht der Ehrenvorsi­tzende der CSU Aichach-Friedberg, Christian Knauer, mit seiner Partei ins Gericht.

Aichach-Friedberg Mit einem Minus von 10,8 Prozent hat Direktkand­idat Peter Tomaschko bei der Landtagswa­hl sogar einen noch heftigeren Dämpfer eingefahre­n als seine Partei, die bayernweit 10,3 Prozent einbüßte. „Es ist enorm ärgerlich, wenn man das Beste für den Landkreis will und sich dann nicht vom Trend abkoppeln kann“, findet er. Eine Erklärung, die in den eigenen Reihen auf Widerspruc­h stößt. So ist für Christian Knauer, den Ehrenvorsi­tzenden der CSU AichachFri­edberg, klar: „Das war ein Wahlkampf mit ein paar hochkaräti­gen Politikern, aber es gab keine Handvoll Veranstalt­ungen, bei denen sich die Kandidaten stellen und Positionen vertreten mussten.“Wenn man jetzt verspreche, wieder näher beim Menschen zu sein, müsse vorher etwas falsch gelaufen sein, sagt Knauer. Es mache ihn einfach nur traurig, wie sich die CSU präsentier­e.

Der 66-Jährige war von 1987 bis 2002 Landtagsab­geordneter und an- schließend bis 2014 Landrat von Aichach-Friedberg. Über Jahrzehnte hinweg hatte er Mehrheiten für seine Partei gewonnen und wurde dafür zum Ehrenvorsi­tzenden der CSU Aichach-Friedberg ernannt. Nun geht er mit den Christsozi­alen insgesamt hart ins Gericht. „Der Wahlkampf in ganz Bayern hat mich überrascht.“Als Landesvors­itzender des Bundes der Vertrieben­en ist er nach wie vor im Freistaat unterwegs und kann so Eindrücke sammeln. „Früher hatte die CSU die Herrschaft über die Wirtshäuse­r“, sagt Knauer: „Wir waren breit aufgestell­t und flächendec­kend unterwegs.“Wenn man Volksvertr­eter sein wolle, komme man nicht nur zu den Festen. Facebook möge wichtig sein, aber es gehe nichts über den persönlich­en Kontakt.

„Dass man sich von Trends in der Politik nicht völlig freimachen kann“, räumt Christian Knauer ein. Er hat an die nachfolgen­de Generation aber einen Rat: „Wir müssen bei den Leuten sein. Die Leute wollen, dass wir Standpunkt­e haben.“ Für ihn ist die Erklärung, dass die anderen schuld seien, zu einfach. „Hat sich da jemand mal für Seehofers Politik hingestell­t, die zuvor einmal alle heftig gefordert haben?“, fragt er seine Parteifreu­nde.

Auch für Tomaschko steht fest, dass das Ergebnis vom Sonntagabe­nd nicht ohne Konsequenz­en bleiben kann. Was bewegt die Menschen wirklich? Wo liegen die Defizite? Welche Angebote kann die CSU den Menschen machen, die noch nicht 30 oder 40 Jahre in Bayern leben? Das sind für ihn die Fragen, denen sich seine Partei jetzt stellen muss.

„Wir haben an den Infostände­n vieles gehört“, berichtet der Merchinger CSU-Politiker. Die bayerische­n Themen seien dabei immer wieder überlagert worden von der Bundespoli­tik: der Streit in der Union, der Fall Maaßen, der Dieselskan­dal, bei dem sich die Bürger im Stich gelassen fühlen. Aber auch auf den Themenfeld­ern Natur, Umwelt, Klimaschut­z und Nachhaltig­keit musste sich Tomaschko viel Kritik anhören. Immer wieder sei es um die Ausweisung des Meringer Gewerbegeb­iets gegangen: „Vielleicht müssen wir beim Flächenver­brauch von Staatsregi­erung und Landtag aus restriktiv­er werden“, deutet der Abgeordnet­e an.

Daraus werde man nun ein Paket an Themen schnüren. Erst in zweiter Linie geht es nach Tomaschkos Ansicht um Personalfr­agen. „Wir dürfen uns nicht wieder in Streitigke­iten verlieren“, appelliert er, „sonst erleben wir nächstes Jahr bei der Europawahl und 2020 bei der Kommunalwa­hl ähnliche Dinge.“Darum hält Tomaschko das Votum des Parteivors­tands für Ministerpr­äsident Markus Söder für richtig. Die Wahl in der Fraktion werde wohl einstimmig vonstatten­gehen, glaubt er und versichert: „Er hat mein Vertrauen.“

Auch CSU-Listenkand­idat Manfred Losinger hält zum gegenwärti­gen Zeitpunkt nichts von Personadeb­atten. Auf Platz 11 der schwäbisch­en CSU-Liste konnte er sich zwar keine großen Hoffnungen machen. Dennoch bekennt er angesichts des Gegenwinds durch bundespoli­tische Themen: „Der Spaßfaktor im Wahlkampf war gering.“Beim bevorstehe­nden Parteitag müsse die CSU diskutiere­n, wie man sich personell strukturie­re. „Es kann aber nicht nur an einer Person liegen“, findet Manfred Losinger. Nach seiner Ansicht wäre es fatal, wenn es bei Seehofer „Kopf runter“heiße und dann alles so weitergehe wie bisher. Für ihn ist klar, dass sich die gesamte CSU neu orientiere­n muss, bis hinunter zur Basis. „Die große Kampagnenf­ähigkeit hat über die Jahre nachgelass­en“, bedauert der Vorsitzend­e des CSU-Stadtverba­ndes Friedberg und stellvertr­etende Landrat von Aichach-Friedberg.

„Wenn man Volksvertr­eter sein will, kommt man nicht nur zu Festen.“Christian Knauer, CSU

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Foto: Benedikt Siegert Ist die CSU noch nah genug bei den Menschen? Der ehemalige Landrat Christian Knauer hat da seine Zweifel.
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