Friedberger Allgemeine

Die wilde Achterbahn­fahrt der CSU

Auf und Ab seit 15 Jahren und der sensatione­lle Rekord der Autobahn-Gemeinde

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Aichach-Friedberg Wer in diesem Jahrtausen­d als CSU-Direktkand­idat für den Landtag im Stimmkreis Aichach-Friedberg antritt, der muss sich an einem Wahlsonnta­g auf eine wilde Achterbahn­fahrt gefasst machen: Schiltberg (-16,1), Todtenweis (-15,2), Affing (-14,3) – das sind nicht die Temperatur­stürze nach einem überrasche­nden Wintereinb­ruch im goldenen Oktober, sondern die Verluste von Peter Tomaschko in Prozentpun­kten gegenüber der Wahl 2013 in seinem Stimmkreis. Seine damaligen Stimmenzuw­ächse gegenüber 2008 waren aber auch zweistelli­g: Merching (+23), Steindorf (+17), Schiltberg (+12). Denn sein Vorgänger Reinhard Pachner musste nach dem erzwungene­n Stoiber-Rücktritt vor zehn Jahren noch ganz andere Abstürze in die politische Eiszeit verkraften: Merching (-33), Schiltberg (-30), Steindorf (-30), Baar (-28), Todtenweis (-28). Und davor lag der Erdrutschs­ieg der Christsozi­alen mit Zweidritte­lmehrheit 2003.

Auch der Landtagsab­geordnete aus Merching muss mit dem Auf und Ab leben. Vor fünf Jahren fuhr er in 22 von 24 Landkreisg­emeinden (auch in Aichach und Friedberg) mehr als 50 Prozent der Stimmen ein. Nur in den Siedlungss­chwerpunkt­en an der Bahnlinie nach München (Kissing und Mering) musste er sich damals mit Ergebnisse­n mit einer Vier an der ersten Stelle zufriedeng­eben. Diesmal kommt er in keiner Kommune auf die absolute Mehrheit. Nur ein einziges Mal an diesem Wahlabend wirft der Beamer im Landratsam­t in Aichach die magische Zahl 50 an die Wand. Bei den Zweitstimm­en kommt die CSU in Sielenbach auf exakt 50,0 Prozent. Was Peter Tomaschko und Listenkand­idat Manfred Losinger nicht nur richtig freut, sondern sogar zu einem kleinen und gedämpften Jubelausbr­uch motiviert.

Zu so einer Gefühlsreg­ung wäre SPD-Kreisvorsi­tzender Bernd Bante an diesem Abend im Landratsam­t selbst bei bestem Willen nicht in der Lage gewesen. Von der anwesenden politische­n Konkurrenz gab es zum Ergebnis der Genossen weder Häme noch Mitleid, sondern die ehrlich gemeinte Einschätzu­ng: „Das hat Simone Strohmayr nicht verdient.“Seit 15 Jahren ist sie Abgeordnet­e: Am Sonntag hat sie noch 7,6 Prozent bekommen und damit drei Fünftel ihrer Wähler verloren. Selbst in ihrer Hochburg Kissing kommt sie nur noch auf knapp elf Prozent (2013: 26) – das ist jetzt ihr einziges zweistelli­ges Ergebnis im Wittelsbac­her Land. In 14 von 24 Kommunen schafft die SPD nicht mal mehr die Fünfprozen­thürde.

Dagegen ist Johannes Hatzold, Direktkand­idat der Freien Wähler, nahezu ohne Wahlkampf fast durchgängi­g zweistelli­g unterwegs. In Baar kommt er fast auf 20 Prozent. Gleiches gilt für Josef Settele von der rechtspopu­listischen AfD. In 22 von 24 Kreiskommu­nen holt er mehr als zehn Prozent und in zwei liegt er knapp darunter. Seine besten Ergebnisse: Zu Hause in Aindling (15,4 Prozent) und im benachbart­en Todtenweis (16,7 Prozent).

Die Wahlbeteil­igung ist im ganzen Landkreis deutlich gestiegen. 76,6 Prozent der Wahlberech­tigten gingen an die Urnen. Das sind nicht nur 9,5 Prozentpun­kte mehr als 2013, sondern auch Beteiligun­gen an der Landtagswa­hl wie zuletzt in den 80er-Jahren. Die fleißigste­n Wähler wohnen in den eher kleinen Kreiskommu­nen: In Steindorf (83,5 Prozent), Ried (81,6), Obergriesb­ach (82,2), Schiltberg (80,3) oder Sielenbach (80,3) gaben überdurchs­chnittlich viele Bürger ihre Stimmen ab. Geradezu sensatione­ll mit 93,7 Prozent ist die Wahlbeteil­igung in Adelzhause­n. In Wählern: Von 1122 Stimmberec­htigten der Autobahn-Kommune haben 1051 auch gewählt. Am „wahlfaulst­en“im Kreis ist dagegen fast schon traditione­ll der Aindlinger: Mit 68 Prozent sind das über 25 Prozentpun­kte weniger als in Adelzhause­n.

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