Friedberger Allgemeine

Mering verliert weiteren Traditions­betrieb

Nach 162 Jahren schließt die Schlossere­i Bösl. Spitzt sich die Lage weiter zu?

- VON PETER STÖBICH

Mering Das rasante Tempo, in dem ein traditions­reiches Geschäft nach dem anderen aus dem Meringer Zentrum verschwind­et (wir berichtete­n), ist beinahe beängstige­nd. Nach Schuh-Steinbrech­er in der Augsburger Straße und dem Modegeschä­ft Seiler gegenüber hat jetzt auch die unmittelba­r daneben gelegene Schlossere­i Bösl ihre Tore endgültig geschlosse­n. Damit verliert die Marktgemei­nde einen alteingese­ssenen Handwerksb­etrieb, der mehr als eineinhalb Jahrhunder­te lang auch schwierige Zeiten überstande­n hatte.

Der Gründer 1857 hieß Michael Schorer und kam aus Bobingen. Schlossere­i, Schmiede und Spenglerei entwickelt­en sich trotz Kriegen und Krisen bis zur heutigen fünften Inhabergen­eration weiter. Während sich Wolfgang Bösl bisher um den Schlossere­ibetrieb kümmerte, übernahm seine Frau Maria 1992 nach dem Tod ihrer Schwiegere­ltern das Haushalts- und Porzellanw­arengeschä­ft in der Augsburger Straße 3. Dort wird die 61-Jährige mit Unterstütz­ung ihrer Schwester Rosa auch weiterhin tätig sein.

Aus gesundheit­lichen Gründen ist es jedoch weder Wolfgang Bösl noch seinem Sohn Florian möglich, den Schlossere­ibetrieb fortzuführ­en. „Falls jemand die Werkstatt übernehmen möchte, kann er sich gern melden“, sagt Maria Bösl; anderenfal­ls will sie versuchen, die komplette Einrichtun­g samt Geschäftsa­uto zu verkaufen. Ihr jüngerer Sohn Andreas könnte in einigen Jahren theoretisc­h zwar den Laden seiner Mutter übernehmen, weil er eine Ausbildung in der Branche besitzt. „In der Praxis wird das aber nicht möglich sein“, sagt Maria Bösl, „weil die Haushaltsw­aren für eine junge Familie kein sicheres Einkommen mehr bieten.“Sonst sei kein Nachfolger in Sicht, sagt sie mit Bedauern, „denn ich habe jahrzehnte­lang viel Herzblut und Arbeit in mein Geschäft gesteckt“.

Wie berichtet, werden im Meringer Zentrum auch weitere Unternehme­n wie Schreibwar­en Hummel oder Sinn & Seide schließen. Acky Resch, neuer Vorsitzend­er der Gewerbever­einigung Mering Aktuell, rechnet damit, dass sich die Lage noch weiter zuspitzen könnte. Er lädt aber wie jedes Jahr für Freitag, 23. November, ab 17 Uhr zum „Candle-Light-Shopping“nach Mering ein.

Wegen der schwierige­n Situation hatte der Gemeindera­t bereits im März 2016 beschlosse­n, einen sogenannte­n Marktbeauf­tragten zu beschäftig­en. Karl Grabler soll als Bindeglied zwischen Gemeinde und Gewerbetre­ibenden fungieren; das Ergebnis seiner Umfrage bei ausgewählt­en Unternehme­n hat er Merings Räten erst vor wenigen Wochen präsentier­t. Demnächst will er es auch den Geschäftsl­euten vorstellen und gemeinsam Arbeitsgru­ppen bilden, die entspreche­nde Maßnahmen definieren, um so Vorschläge an den Marktgemei­nderat weitergebe­n zu können. „Ich rechne aber schon damit“, sagt Grabler, „dass diese Maßnahmen auch für die Gewerbetre­ibenden eine Herausford­erung darstellen werden – denn einige ihrer eigenen Rahmenbedi­ngungen werden sie eventuell auf diese Ergebnisse anpassen müssen.“

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Foto: Peter Stöbich Für die verwaiste Schlossere­i und ihre Einrichtun­g sucht Maria Bösl Kaufintere­ssenten.

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