Nicht ohne meine Warnweste!?
Wenn es draußen düster ist, hilft auf dem Fahrrad nur eines: Leucht-Klamotten anziehen. Es gibt nur einen Haken
auch nichts, wenn der Radler vom Fußweg kommend in falscher Richtung in die Kreuzung hineindonnert. Das klingt erst einmal sehr ernüchternd. Ich werde meine Weste trotzdem wieder anziehen.
Warum? Weil es ebenso meine persönliche Entscheidung ist wie die, einen Helm zu tragen. Ich würde auch nie jemandem abraten, eine Weste zu tragen, zum Beispiel, wenn die Winterjacke schick, aber zu dunkel ist. Weiter würde ich nicht gehen. Wenn mancher von Warnwestenpflicht spricht, muss man entgegnen: Für wen alles? Auch für Fußgänger? Und wäre es nicht auch gut, wenn alle Autos die reflektierenden Streifen hätten, die man heute auf Polizeiautos klebt. Stellen wir uns einen matt-schwarzen SUV mit großen leuchtenden Aufklebern vor... Und wer würde das alles überwachen? Schon heute gelingt es nicht, eine wirklich sinnvolle Pflicht durchzusetzen.
An jedes Fahrrad muss ein Licht. Wer keines hat, gehört in der Dunkelheit nicht auf die Straße. Schon als Radler gehen mir die dunklen Kollegen auf den Senkel, als Autofahrer könnte ich mich regelmäßig aufregen. Wer ohne Licht fährt, bringt nicht nur sich selbst in Gefahr. Er ist eine gefährliche Zumutung für alle anderen. Inzwischen ist ein anständiges Licht auch kein Problem mehr, Nabendynamos sind ein Traum und auch Batterielichter offiziell erlaubt. Also, was hindert Euch?
Ein Licht am Rad ist auch für die Stimmung im Verkehr gut. Je mehr Radler mit Licht fahren, desto seltener wird man die Klage über diese Radler hören. Am Ende sitzen wir alle im gleichen Boot. Wir kommen nur miteinander klar, wenn sich jeder an die Regeln hält: Licht, Schulterblick, ... Und wir kommen am Ende auch nur klar, wenn jeder auch an den anderen denkt: Autofahrer daran, dass auch im Herbst und Winter geradelt wird, und dass sie so stark und schwer sind, dass sie auf die Schwächeren Rücksicht nehmen müssen. Und Radfahrer daran, dass jedem mal ein Fehler passieren kann und es im Fall des Falles besser ist, zu warten, als auf sein Recht zu pochen. Das kann leider schief gehen – mit oder ohne Warnweste.
Marcus Bürzle, 42, kam durch Zufall zum Fahrrad – fährt jetzt aber täglich.
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