Ruhe, Adel und Passion
Die Singoldquelle prägt den Ort
Diese Ostallgäuer Marktgemeinde ist eine wahre Schatzkiste und ein heimatliches Aushängeschild. Und Waal ist Augsburg eng verbunden. Schließlich hat dort die Singold – die im Mittelalter den Augsburger Stadtgraben mit frischem Allgäuwasser versorgte – ihren Ursprung. Mitten im Ort und im Schatten der steinalten Filialkirche St. Nikolaus befindet sich die eingefasste Quelle. Und das sich gleich recht flink präsentierende Bächlein bildet dann das nasse Herz Waals. Es fließt – umrahmt von alten Kastanienbäumen – durch die Mitte des durch Geruhsamkeit geprägten alten Ortskerns.
Einige Wasserräder dokumentieren die Kraft der jungen Singold und die handwerkliche Vergangenheit des Ortes. Der Marktplatz wird charakterisiert durch die stilechte neugotische Hallenkirche St. Anna und das beeindruckende Schloss mit noch vorhandenen Resten einer im Städtekrieg 1397 von den bösen Augsburgern zerstörten Burganlage. Dann strebt das muntere Gewässer – vorab eine kleine Kneipp’sche Wassertretanlage bedienend – entlang des Geburtshauses von Hubert Herkomer (1849–1914), einem berühmten Sohn der Gemeinde. Als Porträtmaler meist Adliger (darunter auch Angehörige des Königshauses) machte er in England Karriere und wurde dort sogar in den Adelsstand erhoben. Auch an den Priester und Heimatdichter Peter Dörfler (1878–1955) sei erinnert. Der verbrachte seine Kindheit im heutigen Waaler Ortsteil Waalhaupten. Seine meist historischen Romane haben die bäuerlich-schwäbische Welt bis rüber zum Lechrain als Bühne.
Und dann bietet Waal noch etwas Besonderes: Die hier aufgeführten Passions- und Heiligenspiele zählen zu den ältesten in Schwaben und gehen zurück auf die Pestjahre um 1621. In unregelmäßigen Abständen – 2021 wird das nächste Festspieljahr sein – erfolgen den ganzen Sommer durch die Aufführungen, an denen fast die ganze Gemeinde beteiligt ist. Gemeinschaftssinn ist halt in Waal seit 400 Jahren kein Fremdwort. Heinz Münzenrieder