Friedberger Allgemeine

Adenauers Irrtum

- VON MARTIN FERBER

Afer@augsburger-allgemeine.de

m Anfang stand ein großer Irrtum. „Kinder kriegen die Leute immer“, sagte einst Bundeskanz­ler Konrad Adenauer – und lehnte mit diesem Argument bei der großen Rentenrefo­rm des Jahres 1957 das Prinzip des Drei-Generation­en-Vertrags in der gesetzlich­en Rentenvers­icherung ab. Dieses sah vor, dass Eltern mit Kindern den einfachen, unverheira­tete Kinderlose den doppelten und Verheirate­te ohne Kinder den eineinhalb­fachen Beitragssa­tz einzahlen sollten. Adenauer beließ es dagegen beim einfachen Umlageverf­ahren: Die arbeitende Generation bezahlt mit ihren Beiträgen die Rente der Älteren und bekommt ihre eigene Rente von ihren Kindern.

Mittlerwei­le bringt jede Frau statistisc­h nur noch 1,3 Kinder zur Welt. Die Kinderlose­n, die heute Beiträge zahlen, finanziere­n damit die Rente ihrer Eltern. Für ihre eigene Rente hingegen sind sie auf die Kinder anderer angewiesen, ihren Ansprüchen an das System steht keine adäquate Gegenleist­ung gegenüber, sie profitiere­n von der Erziehungs­arbeit anderer. Insofern ist der Vorschlag von Jens Spahn, dass Kinderlose einen höheren Beitrag in die Rentenvers­icherung einbezahle­n sollten, keineswegs abwegig. Denn ein Generation­envertrag funktionie­rt nur, wenn keiner einseitig belastet wird.

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