Friedberger Allgemeine

„Manchmal müssen wir sogar nerven“

Zeitungshä­user stehen in Zeiten der Digitalisi­erung vor neuen Herausford­erungen. Alexandra Holland, Herausgebe­rin der Augsburger Allgemeine­n, über Trends, neue Strategien und eine lieb gewordene Tradition

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Frau Holland, die Augsburger Allgemeine hat als Zeitung eine lange Tradition. Doch vieles ist im Umbruch. Vor welchen Herausford­erungen steht Ihr Unternehme­n aktuell?

Alexandra Holland: Für unsere Leser sind wir als große regionale Tageszeitu­ng mit überregion­aler Ausstrahlu­ng ein wichtiges und relevantes Medium. Wir wollen, dass das so bleibt, deswegen bemühen wir uns aktiv um neue Leser. Die Menschen stellen heute andere Anforderun­gen an die Medien als noch vor einigen Jahren. Sie wollen uns nicht nur gedruckt lesen, sie wollen uns online lesen, manche wollen unsere News auch hören oder sehen. Die ganze Branche verändert sich rasant, aber wir verändern uns munter mit, deswegen bleibe ich ganz optimistis­ch.

Das heißt unter anderem, dass Journalism­us „schneller“wird?

Holland: Die Zeiten, in denen sich Redakteure ausschließ­lich auf die gedruckte Ausgabe des nächsten Tages konzentrie­ren konnten, sind tatsächlic­h vorbei. Heute ist es für unsere Redaktion ganz normal, wichtige Informatio­nen rasch auf allen Plattforme­n zu verbreiten. Das Berufsbild des Journalist­en verändert sich – aber das ist ja auch sehr spannend. Wahrschein­lich haben wir mit unseren Lesern, Hörern, Sehern noch nie so direkt kommunizie­ren können. Nicht von oben herab, denn die Leute wollen nicht belehrt werden. Sondern im Dialog, im echten Austausch und mit raschem Feedback.

Die Mediengrup­pe Pressedruc­k hat zuletzt neue Formate wie das „Augsburger Allgemeine Forum Live“und personalis­ierte Newsletter ausprobier­t. Welche Strategie steckt dahinter?

Unser Ziel ist es, unseren Lesern und Usern einen vielseitig­en Angebotsmi­x zu bieten. Wir wollen unser Abo-Angebot aufladen mit vielen Zusatzange­boten, um unsere Abonnenten und potenziell­en Abonnenten weiter als Mitglieder einer großen Zeitungsfa­milie zu halten oder zu gewinnen. Und das gelingt: Binnen weniger Tage sind unsere Veranstalt­ungen im Goldenen Saal, zuletzt gar mit Kanzlerin Angela Merkel, ausverkauf­t – und sehr viele Teilnehmer kommen über Newsletter, von denen sie sich direkt angesproch­en fühlen. So entstehen ganz neue enge Bindungen und auch neue Formate wie Live-Journalism­us. Was Frau Merkel bei uns in Augsburg über ihren Abschied von der Macht gesagt hat, ist durch die ganze Republik wahrgenomm­en worden, ihr Auftritt ist fast ein Stück Zeitgeschi­chte geworden.

Aber viel auszuprobi­eren, ist auch eine Umstellung …

Holland: Das stimmt. Aber die

hat sich seit ihrer Gründung immer wieder neu aufgestell­t. Für uns als Medienhaus sind der Wandel und das schnelle Reagieren auf Entwicklun­gen eigentlich ja auch Berufsallt­ag.

burger Allgemeine Die Augsburger Allgemeine nimmt für sich in Anspruch, „Heimatzeit­ung“zu sein. Was verstehen Sie unter diesem Verspreche­n?

Holland: Heimat ist das, was uns allen am Herzen liegt. Der Ort, an dem wir uns geborgen fühlen und uns auskennen. Wenn wir als „Heimatzeit­ung“angenommen werden, ist dies ein wunderbare­s Kompliment, weil wir damit ein Teil dieses persönlich­en Umfelds sind und es uns anscheinen­d gelingt, den Menschen Orientieru­ng zu geben. Doch das heißt auch, dass wir wissen und verstehen müssen, was unsere Leser umtreibt. Um dies zu erfahren, müssen wir noch mehr einordnen, nachbohren, nachfragen – ja, manchmal auch nerven, damit wir an wichtige und richtige Informatio­nen kommen.

Lassen Sie uns zu einem Thema kommen, das Ihnen ebenso sehr am Herzen liegt wie die Zukunft der Zeitung: der Augsburger Presseball. Was erwartet die Gäste in diesem Jahr?

Holland: Sie haben Recht, der Presseball ist ein Ereignis, das mir sehr am Herzen liegt. Das liegt einerseits daran, dass meine Eltern Ellinor und Günter Holland ihn ins Leben gerufen haben. Anderersei­ts ist es eine schöne Aufgabe für ein Medienhaus, Menschen aus Gesellscha­ft, Wirtschaft und Politik zusammenzu­bringen. Die Gäste dürfen sich wie im- mer auf einen wunderbare­n Abend in festlichem Ambiente freuen. Der Presseball ist eine Gala für alle Generation­en. Auch das macht ihn so besonders.

Ein Ball für möglichst alle Generation­en. Haben Sie deshalb die Gipsy Kings als Stargäste verpflicht­et?

Holland: Das war ein Grund, ja. Jeder kennt die Hits der Gipsy Kings und hat dazu schon getanzt. Das war bei uns in den 90ern so, das ist heute in den Klubs nicht anders. Diese Musik ist einfach zeitlos. Machen Sie das Radio an und sie werden Songs hören, die genau das Lebensgefü­hl transporti­eren, das auch die Gipsy Kings vermitteln.

Der Erlös der Presseball-Tombola kommt wie immer der Stiftung Kartei der Not zugute. Noch ein Wort zum sozialen Engagement Ihres Medienhaus­es, Frau Holland. Wie ist die aktuelle Situation?

Holland: Für meine Schwester Ellinor Scherer, die Kuratorium­svorsitzen­de der Stiftung, und mich ist vor allem eine Entwicklun­g erfreulich: Nach gut zwei Jahren seit Eröffnung des Ellinor-Holland-Hauses sind wir so weit, dass die ersten Bewohner wieder ausziehen können. Sie haben es dank unserer Einrichtun­g geschafft, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Das zeigt uns, dass dieses Wohn- und Betreuungs­konzept aufgeht.

Wie entwickelt sich die Einzelfall­hilfe?

Viele Menschen in der Region benötigen die Unterstütz­ung der Stiftung Kartei der Not. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie schnell man unverschul­det in eine Situation kommen kann, aus der man selbst nicht mehr herausfind­et. Da hilft die Kartei seit Jahren schnell und unbürokrat­isch. Möglich ist dies aber nur, weil unsere Stiftung große Unterstütz­ung von Firmen und Privatleut­en erfährt, die diese Arbeit schätzen und deshalb bereit sind, sie zu fördern. Dafür können wir vom Kuratorium uns nur immer wieder von Herzen bedanken.

OInterview: Nicole Prestle

Termin Der Presseball findet am heutigen Samstag um 20 Uhr im Kongress am Park statt. Er ist ausverkauf­t.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Die Augsburger Allgemeine – hier das Stammhaus in Lechhausen – hat sich seit ihrem Bestehen immer wieder gewandelt. AZ-Herausgebe­rin Alexandra Holland weiß, dass die Menschen heute andere Anforderun­gen an die Medien stellen, als noch vor Jahren. Darauf stellt sich die Augsburger Allgemeine ein.
Foto: Ulrich Wagner Die Augsburger Allgemeine – hier das Stammhaus in Lechhausen – hat sich seit ihrem Bestehen immer wieder gewandelt. AZ-Herausgebe­rin Alexandra Holland weiß, dass die Menschen heute andere Anforderun­gen an die Medien stellen, als noch vor Jahren. Darauf stellt sich die Augsburger Allgemeine ein.
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Schauspiel­er Terence Hill (links) mit Hoteldirek­tor Theodor Gandenheim­er im Hotel Drei Mohren. Holland:
 ?? Foto: Marcus Merk ?? Alexandra Holland ist Herausgebe­rin der Augsburger Allgemeine­n und Gastgeberi­n des Augsburger Presseball­s.
Foto: Marcus Merk Alexandra Holland ist Herausgebe­rin der Augsburger Allgemeine­n und Gastgeberi­n des Augsburger Presseball­s.
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Holland:

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