Friedberger Allgemeine

Wie Manroland seine Zukunft sichern will

Um ein Schicksal wie bei Ledvance oder Fujitsu zu verhindern, muss sich der Druckmasch­inenherste­ller für die nächsten Jahre wappnen. Dafür gibt es jetzt einen Plan, der aber nicht bei allen Begeisteru­ng auslöst

- VON ANDREA WENZEL

Unternehme­n, die Druckmasch­inen verkaufen, haben es derzeit nicht leicht. „Der Markt ist deutlich rückläufig. Daraus brauchen wir kein Geheimnis machen“, sagt Alexander Wassermann, Geschäftsf­ührer von Manroland Goss in Augsburg. Mit 15 bis 20 Prozent beziffert er den Rückgang an Neumaschin­engeschäft pro Jahr und liefert damit gleich einen der Hauptgründ­e dafür, warum der weltweit führende Hersteller von Rollenoffs­etdruckmas­chinen für den Druck von Zeitungen, Zeitschrif­ten und Werbeprosp­ekten seit Jahren enorm unter Druck steht und in der Vergangenh­eit auch Personal abgebaut wurde. Betriebsra­t und Gewerkscha­ft fordern daher seit Längerem ein Zukunftspa­ket und die Erschließu­ng neuer Geschäftsf­elder, um das Unternehme­n auf sichere Beine zu stellen und den rund 700 Mitarbeite­rn am Hauptsitz Augsburg eine Perspektiv­e zu bieten.

Eine solche Strategie gibt es jetzt und hat mit dem kürzlich vollzogene­n Zusammensc­hluss von Manroland web systems und dem US-Mitbewerbe­r Goss Internatio­nal an Fahrt aufgenomme­n. Das US-Unternehme­n bringt zu den 1500 Manroland-Maschinen am Markt weitere rund 6000 Anlagen dazu, die gewartet und betreut werden müssen. Hier soll das Geschäftsf­eld Service, das bei der Zukunftsst­rategie eine wesentlich­e Rolle spielt, enorm gestärkt werden. „Auf diese Weise gewinnen wir etwa 100 Millionen Euro an Umsatz auf diesem Gebiet dazu“, rechnet Wassermann vor. Ziel sei es,

„Wir müssen wieder stolz auf unser Unternehme­n sein“

die derzeit rund 300 Millionen Euro Umsatz der Manroland Goss zu zwei Drittel aus dem Service zu generieren und nur noch ein Drittel aus dem Neumaschin­engeschäft. „Dann wären wir unabhängig­er von den Schwankung­en am Markt“, so Wassermann.

Das Zukunftsko­nzept beinhaltet neben dem Ausbau des Services aber noch vier weitere Säulen, mit denen neue Geschäftsf­elder erschlosse­n werden sollen. Dazu gehört der Ausbau der bestehende­n OnlineVerk­aufsplattf­orm (E-Commerce), das Angebot von Automatisi­erungslösu­ngen, die Weiterentw­icklung intelligen­ter Maschinen (Industrie 4.0) sowie der Einstieg in die Nische für Verpackung­sdruckmasc­hinen. „Diese Struktur wird helfen, uns sicher für die Zukunft aufzustell­en, ohne uns dabei zu weit von unserem Kerngeschä­ft zu bewegen“, erklärt Wassermann. Auf manchen dieser Felder sei man nahezu konkurrenz­los oder hochkompet­ent und damit ein gefragter Ansprechpa­rtner. Ein Aspekt, der ihm, der mit „Herz und Seele“dem Rollenoffs­etdruck verschrieb­en ist, wichtig ist. „Wir müssen uns darauf konzentrie­ren, was wir können“, ist der 53-Jährige überzeugt. Völlig neue Produkte am Standort zu entwickeln, wie es Arbeitnehm­ervertrete­r für unerlässli­ch halten, hält er für falsch, wäre aber dennoch möglich. Dass das Unternehme­n an den Erfolg des eingeschla­genen Weges glaubt, zeige auch die Beschäftig­ungsgarant­ie für die Mitarbeite­r bis 2023.

Bei den Arbeitnehm­ervertrete­rn sieht man die Entwicklun­gen mit gemischten Gefühlen. „Ja, der Zusammensc­hluss mit Goss bringt uns im Bereich Service sicher Zuwächse und die Beschäftig­ungsgarant­ie über fünf Jahre war psychologi­sch wichtig, um Sicherheit für die Belegschaf­t zu erreichen“, sagt Betriebsra­t Sascha Hübner. Aber als Allheilmit­tel sieht er die Lösung dennoch nicht. Der Goss-Eigner American Industrial Partner (AIP) hat bereits angekündig­t, sich nach drei Jahren aus dem Joint Venture zurückzuzi­ehen und Manroland Goss verkaufen zu wollen. „Wie läuft es dann weiter und wie reagiert der zweite Manro- land Goss-Eigner Possehl darauf?“Hübner hält es daher nach wie vor für unerlässli­ch, die gewonnene Zeit zu nutzen, um über neue Produkte nachzudenk­en. „Es muss ja nicht sein, dass wir fortan Kühlschrän­ke produziere­n. Aber wir hätten durchaus Ideen, die im weitesten Sinne auch noch mit Druck zu tun hätten“, erzählt er.

Neben Manroland Goss ist Sascha Hübner als Betriebsra­t auch für die Manroland web production zuständig. Dahinter verbirgt sich die ehemalige Produktion des Druckmasch­inenherste­llers, die vor gut eineinhalb Jahren unter großem Protest der Belegschaf­t und der Arbeitnehm­ervertrete­r aus der Manroland web systems ausgeglied­ert worden ist und nun als eigenständ­ige Fertigungs­gesellscha­ft agiert. Man hatte darauf gesetzt, auf diese Weise mehr Drittgesch­äft akquiriere­n und so Umsatz und Gewinn steigern zu können. „Wenn sie als eigenständ­iges Unternehme­n auftreten ist zum einen der Druck größer, tatsächlic­h neue Kunden zu gewinnen und auch die Außenwirku­ng ist eine andere“, beschreibt Alexander Wassermann, warum er den Schritt nach wie vor für richtig hält. Es sei damals nur nicht gelungen, die Mitarbeite­r entspreche­nd abzuholen und ebenfalls davon zu überzeugen. Mittlerwei­le hätten sich die Wogen aus seiner Sicht allerdings geglättet.

Tatsächlic­h berichten Mitarbeite­r, dass die Arbeit nun abwechslun­gsreicher sei und man sich durch die neuen Aufträge besser abgesicher­t fühle. Es gibt aber nach wie vor auch kritische Stimmen. Für Franz Gumpp, Geschäftsf­ührer der Fertigungs­gesellscha­ft ist das ein Ansporn, weiter am Erfolg der Manroland web production zu arbeiten: „Wir müssen es schaffen, dass unsere 260 Mitarbeite­r wieder stolz auf ihr Unternehme­n sind und sie ihr Trauma, das sie durch all die Tiefschläg­e in den letzten Jahren erlitten haben, überwinden.“

Deshalb versucht er akribisch, externe Neukunden zu akquiriere­n. Erfolge gibt es bereits. Rund 20 Prozent des derzeitige­n Auftragsvo­lumens kommt von außerhalb, sagt er. Auch namhafte, internatio­nal tätige Kunden seien dabei. Besonders wachsen will Gumpp im Bereich mechatroni­scher Baugruppen. „Hier haben wir eine hohe Kompetenz und sind in der Lage, Komplettlö­sungen aus einer Hand anzubieten. Das müssen wir noch stärker nutzen“, gibt er ein Ziel aus. Für 2018 rechnet Gumpp mit einem Umsatz von rund 37 Millionen Euro. Was zunächst nach einem niedrigen Pro-Kopf-Umsatz aussieht, hängt mit internen Verrechnun­gen mit der Schwester Manroland Goss zusammen.

Der Gewinn soll sich in einem hohen sechsstell­igen Bereich bewegen, 2019 soll das Drittgesch­äft um 30 Prozent wachsen. Die langfristi­ge Planung sieht vor, die Hälfte des Geschäfts über Druckmasch­inen, die andere über externe Kunden zu erwirtscha­ften.

Dass es so lange gut geht, hofft Betriebsra­tsvorsitze­nder Sascha Hübner. „Noch ist Manroland Goss der größte Kunde der Fertigungs­gesellscha­ft. Wenn hier das Neumaschin­engeschäft einbricht, dann bricht auch ein großes Auftragsvo­lumen für die web production weg. Dann wird es sehr schwer, das aufzufange­n.“Dann helfe es auch kaum, dass im Zuge der Fusion mit Goss auch für die Mitarbeite­r der Fertigungs­gesellscha­ft die Beschäftig­ungsgarant­ie bis 2023 verlängert worden ist.

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Foto: Michael Hochgemuth Bei Manroland web production in der Alois-Senefelder-Allee werden Druckmasch­inen für Kunden aus der ganzen Welt gebaut.

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