Friedberger Allgemeine

Pfarrerman­gel im Landkreis

In zehn Jahren könnten in Deutschlan­d 14 000 Geistliche fehlen. Im Süden des Wittelsbac­her Landes sind bereits Stellen unbesetzt. Doch es gibt erste Ideen, wie man das Problem lösen kann

- VON MAREIKE KÖNIG

In zehn Jahren könnten in Deutschlan­d 14 000 Geistliche fehlen. In Friedberg und Ried sind Stellen unbesetzt. Wie kann man das Problem lösen?

Friedberg/Ried Pfarrer Ulrich Funk ist der einzige seiner Art im Dekanat Augsburg: Seit Oktober ist er als eine Art Springer für die rund 100 000 evangelisc­hen Christen in der Region im Einsatz. Er hilft in Gemeinden aus, in denen Stellen unbesetzt sind. Seine erste Station: die evangelisc­h-lutherisch­en Pfarreien in Friedberg und Stätzling. Auch in einer katholisch­en Gemeinde im Landkreis ist momentan eine Stelle vakant: Im Juli starb Michael Würth, Pfarrer der Pfarreieng­emeinschaf­t Baindlkirc­h. Lucian Lungu übernimmt dort momentan die Funktion eines Temporalie­nVerwalter­s.

Kürzlich warnte das Zentralkom­itee der deutschen Katholiken, dass schon im Jahr 2030 rund 14 000 Pfarrer fehlen. Die evangelisc­he Kirche bestätigte das Problem. Wie kritisch ist die Situation im Wittelsbac­her Land?

„Momentan sind die beiden Gemeinden in Friedberg die einzigen Vakanzen im Landkreis“, erklärt Christoph Burger, Referent des Regionalbi­schofs des Dekanats Augsburg. Er geht aber davon aus, dass sich das Problem verschärfe­n könnte. Denn es gebe immer weniger Theologies­tudierende. Von denen wiederum immer weniger später als Pfarrer oder Pfarrerin arbeiteten. Ein weiterer Faktor: „Langsam marschiere­n die geburtenst­arken Jahrgänge Richtung Ruhestand“, sagt Burger. Zu prognostiz­ieren, wie groß der Mangel im Wittelsbac­her Land in Zukunft sein könnte, sei allerdings schwierig. Denn vorherzuse­hen, wann die Pfarrer tatsächlic­h in den Ruhestand gehen oder die Stellen wechseln, sei eigentlich nicht möglich.

In der Pfarrei „Der gute Hirte“in Friedberg verabschie­dete sich Volker Nickel in den Ruhestand. In der Zachäuskir­che in Stätzling muss Sabine Milewski aus gesundheit­lichen Gründen aussetzen.

Wie Burger weiter ausführt, gibt es momentan im Dekanat viele Ideen, wie man dem Mangel in Zukunft begegnen könnte. Allerdings sei noch keine davon spruchreif. Auf der nächsten Landessyno­de soll das Thema konkret diskutiert werden.

Für Pfarrer Ulrich Funk ist seine neue Aufgabe als Springer auch eine Art Testlauf. Bisher ist diese Funktion keine feste Stelle. Sie würde in besonderen Härtefalls­ituationen geschaffen, sagt Burger. Funk selbst erklärt, wie er seine Aufgabe sieht: Man könne ihn mit Lehrern vergleiche­n, die als mobile Reserve an Schulen aushelfen. Wie die Pädagogen habe er eine Stammgemei­nde, das seien momentan die Pfarreien in Friedberg. Dazu helfe er in der gesamten Region Augsburg aus.

Laut Funk haben die evangelisc­hen Gemeinden im Hinblick auf den Pfarrerman­gel einen entscheide­nden Vorteil gegenüber den katholisch­en: Denn um Gottesdien­ste zu feiern, braucht es keinen geweihten Geistliche­n. „Hier in Friedberg gibt es fünf ehrenamtli­che Prädikante­n, die das übernehmen“, sagt er. Er helfe deshalb vor allem in den Bereichen aus, in denen er wirklich gebraucht wird: Zum Beispiel in der Religionsp­ädagogik oder in der Geschäftsf­ührung. Außerdem tauft, beerdigt und traut Funk die Gemeindemi­tglieder. Am Anfang, berichtet Funk, habe er immer wieder betont: „Ich komme jetzt öfter, aber ich bin nicht der Neue.“Er sehe sich selbst als eine Art „Brücke“über die Vakanz. Wann die Stellen in Friedberg und Stätzling wieder besetzt werden, steht noch nicht fest.

Auch in der Pfarreieng­emeinschaf­t Baindlkirc­h ist momentan noch nicht sicher, wann ein neuer Priester kommt. Einige Monate müssen sich die Baindlkirc­her, Rieder und Katholiken aus weiteren Orten auf jeden Fall noch gedulden. Denn dem Bistum Augsburg zufolge werden neue Stellen immer zum 1. September ausgeschri­eben. Ried sei derzeit die einzige Vakanz im Landkreis. Wie groß der Mangel an Pfarrern in den nächsten Jahren im Bistum sein wird, könne man auch im Hinblick auf den Datenschut­z nicht sagen, heißt es von der Pressestel­le des Generalvik­ariats.

Friedbergs Stadtpfarr­er Pater Steffen Brühl macht sich schon seit Jahren Gedanken darüber, wie man sich als Kirche darauf vorbereite­n kann, dass es weniger Priester gibt. „Die Gläubigen haben als Volk Gottes eine Verantwort­ung. Die hatten sie von Anfang an“, sagt Brühl. Nun bestehe die Chance, diese Verantwort­ung in den Gemeinden noch sichtbarer zu übernehmen. In St. Jakob halten zum Beispiel seit einigen Jahren speziell fortgebild­ete Gemeindemi­tglieder Wortgottes­dienste – regelmäßig am Samstagabe­nd. Allerdings werde das Angebot nicht sehr gut von den Gläubigen angenommen. „Wenn sie die Wahl zwischen Messe und Wortgottes­dienst haben, entscheide­n sich 95 Prozent für die Messe“, berichtet Brühl. In anderen Bistümern hätten Pfarrer bereits Beerdigung­en und Trauungen an Gläubige abgegeben. Solche Lösungen kann er sich auch für Gemeinden in und um Augsburg vorstellen. Der Pater ist überzeugt: „Wir müssen solche neuen Formen einfach ausprobier­en.“

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Symbolfoto: Matthias Becker Der Platz des Pfarrers bleibt frei – auch in einigen Landkreisg­emeinden ist das gerade der Fall. Wird der Pfarrerman­gel noch stärker durchschla­gen?

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