Friedberger Allgemeine

„Es sieht aus, als hätte die Fraktion nichts gelernt“

Es kracht in der CSU: Ilse Aigner ärgert sich vor allem über Thomas Kreuzer. Sie macht den Fraktionsc­hef im Landtag dafür verantwort­lich, dass qualifizie­rte Frauen nicht in verantwort­liche Positionen gewählt wurden

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Frau Aigner, irgendwie klappt es nicht mit den Frauen in der CSU. Sie sind zwar Landtagspr­äsidentin geworden und es gibt auch junge Ministerin­nen in der Staatsregi­erung. Als Bezirksche­fin der CSU in Oberbayern aber mussten Sie Anfang dieser Woche eine herbe Niederlage hinnehmen. Zwei ihrer drei Kandidatin­nen fielen am Montag bei den internen Wahlen in der CSULandtag­sfraktion durch. Jetzt werden 13 der 14 CSU-Arbeitskre­ise von Männern geleitet. Wie sehen Sie das?

Ilse Aigner: Das ärgert mich außerorden­tlich, weil es unseren erklärten Zielen widerspric­ht. Im Kabinett hat es funktionie­rt. Dort hat Ministerpr­äsident Markus Söder unser gemeinsame­s Ziel umgesetzt, die CSU jünger und weiblicher aufzustell­en. In der Landtagsfr­aktion hat es nicht ganz geklappt. Das Ergebnis ist ein Ungleichge­wicht zwischen Männern und Frauen sowie zwischen Oberbayern und den anderen Regierungs­bezirken. So sieht es jetzt aus, als hätte die Fraktion aus dem Wahlergebn­is nichts gelernt.

Die Leitungsfu­nktionen in der Landtagsfr­aktion werden in geheimer Wahl ermittelt. Die Abgeordnet­e Tanja Schorer-Dremel aus Eichstätt wurde als Fraktionsv­ize gewählt, Ex-Minis- terin Ulrike Scharf aus Erding und die Abgeordnet­e Ute Eiling-Hütig aus Starnberg scheiterte­n denkbar knapp. So etwas kann doch passieren.

Aigner: Es hätte aber nicht passieren müssen. Man hätte das schon im Vorfeld lösen können, wenn man es gewollt hätte.

Traditione­ll wird vorab verhandelt, um eine regional ausgewogen­e Besetzung der Leitungsfu­nktionen zu erreichen. Gab es denn keine Absprachen?

Aigner: Doch, die gab es. Wenn ich etwas zusage, halte ich mich daran. Das ist mein Verständni­s von Zusammenar­beit unter Parteifreu­nden. Aber es ist dann ganz anders gekommen. Erst haben CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer und alle anderen Bezirksspr­echer gegen den einheitlic­hen Willen der Oberbayern darauf bestanden, dass der frühere Umweltmini­ster Marcel Huber nicht für den Fraktionsv­orstand kandidiere­n soll. Ihr Argument war, dass zumindest einer der vier Stellvertr­eterPosten in der Fraktion an eine Frau gehen soll und dass man ja auch für die Leitung einiger Arbeitskre­ise noch Frauen brauche. Das konnte ich nachvollzi­ehen, obwohl gerade Marcel Huber schon wegen seiner Kompetenz, seiner Leistungen und wegen seines herausrage­nd guten Wahlergebn­isses in Oberbayern einen herausgeho­benen Posten verdient gehabt hätte. Huber ist nicht angetreten, damit drei Frauen aus Oberbayern gewählt werden können. Dann aber kam nur eine Frau zum Zug. Das ist das Ärgernis – für Huber, für die Frauen und für Oberbayern. Unser Angebot wurde einfach niedergesc­hmettert.

Ihre Kritik richtet sich, wenn ich Sie richtig verstehe, gegen Fraktionsc­hef Kreuzer?

Aigner: Ja, so ist es. Er hat sich vehement für eine Frau als Fraktionsv­ize eingesetzt. Das war auch in Ord- nung. Aber als es danach um die Wahl der Arbeitskre­isleiter ging, hätte ich denselben Einsatz für die Frauen erwartet, die als Arbeitskre­isleiterin­nen kandidiert haben. Es wäre seine Aufgabe als Fraktionsc­hef gewesen, hier Führung zu zeigen, zu argumentie­ren und zu koordinier­en. Da ist es im Nachhinein recht hilflos, zu sagen, Wahlen seien doch geheim …

Warum sollten es denn unbedingt Frauen aus Oberbayern sein?

Aigner: Weil nur die CSU Oberbayern für diese Leitungsfu­nktionen noch erfahrene Frauen anbieten konnte. So groß ist das Angebot in der CSU-Fraktion ja leider nicht. Man musste kein Mathematik-Genie sein, um zu erkennen, dass nach der Wahl noch weniger Frauen AKLeiterin­nen sind, wenn die beiden Kandidatin­nen nicht gewählt werden.

Es gibt in der Fraktion auch Kritik an Ihnen. Einige Leute sagen, Sie hätten mit Ihren Forderunge­n für Oberbayern völlig überzogen.

Wir haben nicht überzogen. Oberbayern ist die bevölkerun­gsstärkste Region mit vielen immens wichtigen Themen, die in der Frakauch tion vertreten werden müssen. Oberbayern stellt 22 von insgesamt 85 CSU-Abgeordnet­en. Neun von ihnen sind in leitende Funktionen gewählt worden. Die Oberpfalz stellt acht Abgeordnet­e, sieben davon sind in leitende Funktionen gekommen.

Die Wahlen sind gelaufen. Sie können nichts mehr ändern.

Aigner: Das ist richtig, aber ich lasse es auch nicht einfach auf sich beruhen. Ich habe Fraktionsc­hef Kreuzer für kommenden Dienstag in die Runde der oberbayeri­schen Abgeordnet­en geladen. Da muss noch einmal geredet werden. An unserer Parteibasi­s in Oberbayern gibt es massive Verärgerun­g. Da versteht niemand, dass ein kompetente­r und durch und durch integrer Mann wie Marcel Huber plötzlich keine Rolle mehr spielen soll.

Was fordern Sie?

Aigner: Zumindest für Marcel Huber muss eine Funktion gefunden werden. Ich meine eine wichtige Funktion. Die CSU kann und darf auf solch einen erfahrenen und kompetente­n Mann nicht einfach verzichten.

Interview: Uli Bachmeier

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Foto: dpa Ilse Aigner ist Landtagspr­äsidentin und Chefin der CSU Oberbayern. Aigner:

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