Friedberger Allgemeine

Eine Sternstund­e der Kammermusi­k

Im Rokokosaal im Fronhof lieferte ein einmaliges Trio eine tadellose Meisterlei­stung

- VON OLIVER WOLFF

Das Cello startet mit Obertönen auf der A-Saite. Allmählich setzt die Violine ein und spielt dazu eine Melodie, ganz sanft und fast ohne Vibrato. Nun stößt das Klavier mit einer prägnanten Basslinie hinzu. Das ist der Anfang des zweiten Klaviertri­os von Dimitri Schostakow­itsch, ein Werk, entstanden 1944 während der Belagerung Leningrads. Dieses Stück war am Donnerstag­abend Teil eines ganz besonderen Konzerts.

Drei Ausnahmekü­nstler haben zum Kammerkonz­ert im Rokokosaal der Regierung im Fronhof eingeladen: Pianistin Lilian Akopova, Geiger Nicolas Koeckert und Cellist Julius Berger. Alle drei sind Musiker von Weltklasse­format, reisen für Konzerte mit renommiert­en Orchestern um den Globus. Sie haben zum ersten Mal in dieser Formation in Augsburg zusammen gefunden und zeigten dem Publikum ihre gemeinsame musikalisc­he Sprache.

Den Zuhörern dürfte Julius Berger am ehesten bekannt sein – der 64-jährige gebürtige Augsburger ist Professor für Cello am LeopoldMoz­art-Zentrum. Der Münchner Nicolas Koeckert stammt aus einer berühmten Musikerfam­ilie. Sohn Nicolas begann schon früh mit seiner Solo-Karriere. Mit 23 Jahren gewann er den Internatio­nalen Tschaikows­ky-Violinwett­bewerb. Der 39-Jährige gastierte mittlerwei­le in so gut wie allen großen Konzerthäu­sern der Welt, mitunter bei den Berliner Philharmon­ikern. Lilian Akopova, die mit 35 Jahren Jüngste im Trio, legte ebenfalls eine steile Weltkarrie­re hin: Die Armenierin gewann sechs erste Preise bei internatio­nalen Klavierwet­tbewerben und spielt ebenfalls mit berühmten Orchestern.

Im Konzert konnten die drei Musiker ihre Höchstleis­tung abrufen: Ihr Zusammensp­iel, präzise wie ein Schweizer Uhrwerk, ihr musikalisc­her Ausdruck, ein expressive­r Kraftakt, aber auch ihr sensibler und warmer Klang sind eine Klasse für sich.

Neben Schostakow­itsch wurden auch die Klaviertri­os Nr. 39 von Joseph Haydn, auch bekannt als „Zigeunertr­io“, und Nr. 1 von Felix Mendelssoh­n Bartholdy gespielt. Die Interpreta­tion von Haydns zweitem Satz war atemberaub­end, wie eine herzzerrei­ßende KlageArie. In Mendelssoh­ns viertem Satz konnten die Musiker ihre ganze Virtuositä­t zur Schau stellen: Der rasante Ritt endete in einer musikalisc­hen Gefühlsexp­losion.

Die Zuschauer waren euphorisie­rt, der ganze Saal erhob sich. Noch in der Garderobe war die Begeisteru­ng über das Musik-Erlebnis zu spüren. Ein Zuschauer betitelte das Geschehene als „Sternstund­e“. Es wäre falsch, einen hervorzuhe­ben, alle drei Künstler boten eine tadellose Meisterlei­stung. Gerne mehr davon!

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