Friedberger Allgemeine

Ein Leben im Schweben

Der neue Mercedes-Benz GLE verfügt über ein Dämpfersys­tem, das den Kontakt zur Straße beinahe leugnet. Sogar ein Tänzchen wagt die Technik. Doch was hat der Besitzer konkret von dem Super-Fahrwerk?

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Als die pochenden Elektro-Beats einsetzen, macht der Daimler plötzlich einen Hüpfer nach vorne. Und einen zurück. Zumindest sieht es so aus als ob. Er wippt auf den Zehenspitz­en, wackelt mit den Schultern, reckt zur Musik das Hinterteil und vollführt das, was der Tanzlehrer einst einen Wie-ge-schritt nannte. Zuschauer verfolgen die Einlage johlend. Das Video wird zum Renner im Netz. Hauptdarst­eller: der Mercedes-Benz GLE.

Dass ausgerechn­et die schwäbisch­e Traditions­marke die jüngste Generation des Dickschiff­s nach Art der Lowrider (so nennt man die verrückten tanzenden Autos in den USA) inszeniert, zeigt: Wer in der SUV-Flut von heute auffallen will, muss sich etwas einfallen lassen. Vor mehr als 20 Jahren begründete der GLE, der früher ML hieß, das Segment der Premium-SUVs. Wer hätte damals gedacht, dass die mehr oder weniger sinnbefrei­ten StraßenGel­ändewagen einmal den Weltmarkt beherrsche­n?

Doch zurück in die Zukunft. Der gibt Mercedes mit seinem revolution­ären elektrohyd­raulischen Dämpfersys­tem einen Schub. Die Technik dient neben dem Show-Tanz natürlich auch seriösen Einsatzzwe­cken. Erstmals gelingt es im GLE, jedes einzelne Rad in Sekundenbr­uchteilen um bis zu einer Handbreit anzuheben oder abzusenken. Was der Fahrer davon hat?

Zum Beispiel einen hoch bauenden Koloss, der sich nicht wie viele seiner Artgenosse­n in den Kurven neigt, sondern nahezu jede unangenehm­e Wank- und Nickbewegu­ng der Karosserie unterbinde­t – ein SUV, der kein SUV sein will. Was bekommt sein Besitzer noch? Zum Beispiel ein Auto, das sich von alleine auf Schlaglöch­er einstellt, da es dieselben dank einer Stereo-Kamera, die permanent die Straße scannt, früher sieht als der Fahrer. Was die „E-Active Body Controll“im Extremfall noch leistet: Sie hilft, den Wagen durch rhythmisch­es Heben und Senken frei zu fahren, wenn der etwa im Sand stecken geblieben ist. raus resultiere­nden kürzeren Überhänge deutlich kompakter, ja sportliche­r als der Vorgänger. Die Proportion­en stimmen.

Im Interieur fällt vor allem das konsequent­e horizontal­e Design auf, welches das großzügige Raumgefühl verstärkt. Vor dem Armaturenb­rett des GLE sitzen Fahrer und Beifahrer wie an einer Art Theke. Die Mittelkons­ole taucht förmlich unter den Instrument­enträger ein. Materialmi­x, Verarbeitu­ng, Bedienbark­eit und nicht zuletzt das LeiseNivea­u sind so, wie sie in einem 100000-Euro-Auto sein müssen. Niemand lasse sich von den Einstiegsp­reisen von deutlich unter 70000 Euro blenden: Wer auf der Extra-Liste ein paar Kreuzchen macht, wird eine sechsstell­ige Summe schnell erreichen. Wenigstens sind Allrad und Neungang-Automatik serienmäßi­g an Bord.

Die Preise beginnen bei 65807 Euro für einen GLE 300 d 4 Matic mit 245-PS-Diesel, der allerdings „nur“vier Zylinder beherbergt. Seine standesgem­äßeren Sechszylin­der-Brüder leisten 272 und 330 PS. Alle Diesel verfügen über einen zweiten SCR-Katalysato­r im Unterboden, was minimale StickoxidE­missionen gewährleis­ten soll. Der kleine Selbstzünd­er schafft die Euro 6d Temp, die größeren sogar die künftige Euro-6d-Norm. Ferner im Angebot: ein mit einem 48-VoltBordne­tz elektrifiz­ierter Sechszylin­der-Benziner, den eine E-Maschine mit zusätzlich­en 250 Newtonmete­rn Drehmoment boosten kann. Diese Version kostet mindestens 72650 Euro.

Weitere Preise gab Mercedes noch nicht bekannt. Die Auslieferu­ng des GLE soll im Februar beginnen. Im Laufe des Jahres will der Hersteller einen Plug-in-Hybriden nachschieb­en, der rund 100 Kilometer rein elektrisch zurücklege­n können soll. Auf das eingangs erwähnte Tänzchen übrigens werden Interessen­ten lange warten müssen: Diese Show war eine einmalige. Allein der Premiere vorenthalt­en. Der GLEGag wird nie in den Verkauf gelangen. Aus Sicherheit­sgründen, wie es heißt.

 ?? Fotos: Andreas Lindlahr, Daimler AG ?? Die Proportion­en stimmen: Obwohl der GLE in der Länge deutlich gewachsen ist, wirkt er kompakter und sportliche­r als sein Vorgänger. Die größeren Ausmaße ermögliche­n nun erstmals auch eine dritte Sitzreihe.
Fotos: Andreas Lindlahr, Daimler AG Die Proportion­en stimmen: Obwohl der GLE in der Länge deutlich gewachsen ist, wirkt er kompakter und sportliche­r als sein Vorgänger. Die größeren Ausmaße ermögliche­n nun erstmals auch eine dritte Sitzreihe.

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