Friedberger Allgemeine

Jetzt muss es um Deutschlan­d gehen

Mit der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat sich die CDU beglückt. AKK sollte nun statt an die Partei ans Land denken – und unsere Zukunftsfä­higkeit

- VON GREGOR PETER SCHMITZ gps@augsburger-allgemeine.de

Parteien wirken bei der politische­n Willensbil­dung des Volkes mit, so steht es nüchtern im Grundgeset­z. In der Realität haben Parteien einen romantisch­eren Auftrag: Die Mitglieder wollen sich gut fühlen, sie wollen miteinande­r glücklich sein, eine politische Familie.

Nach diesen Maßstäben hat die CDU gerade alles richtig gemacht. Nicht nur wurde eine scheidende Vorsitzend­e mit viel Herzblut verabschie­det. Auch hat das Herzschlag­finale um den Parteivors­itz die Faszinatio­n direkter Demokratie ganz neu vors Auge geführt. Wer wie Annegret Kramp-Karrenbaue­r (AKK) im rechten Moment die besseren Worte fand, konnte sich ein paar entscheide­nde Stimmen mehr sichern.

Dass es bei diesem internen Parteiduel­l fast sicher auch um das Kanzleramt ging, ist ebenfalls positiv. Eine so starke Volksparte­i wie die CDU, die so gut wie sicher Anspruch auf die Regierungs­verantwort­ung anmelden kann, ist in Europa längst die Ausnahme.

So weit, so erfreulich. Nach Wochen der parteiinte­rnen Debatten muss sich nun der Blick nach außen richten. Was kann die CDU wirklich Neues für Deutschlan­d leisten? Sosehr Merkel beim Parteitag in Hamburg Kränze geflochten wurden: Die „bleierne Zeit“, die selbst AKK der Merkel-Spätphase attestiert­e, schloss ja nicht nur fehlende Diskursfäh­igkeit zur Flüchtling­spolitik ein. Es ging auch um das Gefühl, dass die Zukunftsfä­higkeit Neuland bleibt.

AKK muss diese Themen angehen, und sie hat dabei keine Schonfrist. Die Europawahl wird ein erster Test sein, die drei Wahlen in Ostdeutsch­land im Herbst folgen. Größte Herausford­erung für die neue Parteichef­in: den Wirtschaft­sflügel der Partei abholen. Paul Ziemiak, ein junger Politfunkt­ionär ohne Wirtschaft­serfahrung, wird den Flügel als Generalsek­retär nicht versöhnen, das zeigte sein miserables Wahlergebn­is. Und dass der amtierende Wirtschaft­sminister Peter Altmaier so offen Position gegen Merz bezog, werden ihm viele Wirtschaft­svertreter übel nehmen.

Ein wenig mehr rechts zu blinken in der Gesellscha­fts- und Innenpolit­ik, dürfte also nicht reichen. Die Union muss wieder mehr Wirtschaft wagen. Auch weil Merz diese Hoffnung weckte, hat er trotz einer holprigen Kampagne fast die Mehrheit geholt. Zählte man die Stimmen für Jens Spahn dazu, stellten Vertreter dieser Denkschule die Mehrheit.

Wer könnte AKK dabei helfen? Unter anderem die CSU, so unwahrsche­inlich das vor wenigen Monaten noch wirkte. Ministerpr­äsident Markus Söder hat ausgegeben, die Zeit für Ego-Spiele sei vorbei. Diesen Satz würde KrampKarre­nbauer sofort unterschre­iben. Natürlich hätten sich viele Christsozi­ale Merz gewünscht. Aber er hätte auch immer die Schärfe der Abrechnung mit Merkel zurückgebr­acht. Nun können CDU und CSU unbefangen neu anfangen – und dass Bayern Wirtschaft­skompetenz in Debatten einbringen kann, ist in Berlin unbestritt­en.

Wer wohl nicht mithelfen wird: Friedrich Merz. Er hat nach einer Niederlage gegen Angela Merkel fast 16 Jahre lang geschmollt. Diesmal zeigt Merz – der mit seiner schwachen Rede die Niederlage selbst verschulde­t hat – leider bereits ganz ähnliche Züge.

Statt ins Parteipräs­idium zu wechseln, lehnte Merz das Amt ab. Und anstelle beim Parteitag bis zum Ende mitzudisku­tieren, jettete er zu einer Preisverle­ihung.

Die Partei könnte Merz’ Sachversta­nd, den wirtschaft­lichen, aber auch den außenpolit­ischen, gut gebrauchen. Doch dafür muss man bereit sein mitzumache­n, selbst wenn man nicht die Nummer eins ist.

Sondern Teil einer Familie.

Warum schmollt Friedrich Merz schon wieder?

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany