Friedberger Allgemeine

„Wir werden von Versagern regiert“

Warum ein Franzose auf die Straße geht

- VON BIRGIT HOLZER

Paris Der Slogan „Macron, Rücktritt“, den viele hier am Triumphbog­en skandieren, ist Alexandre nicht scharf genug. „Macron soll hängen“hat er auf seine gelbe Warnweste geschriebe­n. Mit ein paar Kumpels ist er an diesem Samstag von seinem Wohnort an der Schweizer Grenze ins Zentrum von Paris gefahren, um Flagge zu zeigen. Eine gelbe Flagge der Wut. „Es reicht! Wir werden von Steuern und Abgaben erdrückt“, sagt der 38-Jährige aufgebrach­t. 3500 Euro verdiene er im Monat als Mitarbeite­r eines privaten Sicherheit­sdienstes. Wenn er alle notwendige­n Ausgaben für sich und seine zwei kleinen Söhne abziehe, bleibe nichts übrig. „Wir werden von Versagern regiert! Die sollen alle abdanken!“

Viele „Gelbwesten“wie er kamen an diesem vierten Aktionstag aus der Provinz in die Hauptstadt. Da es erneut keine offizielle Anmeldung gab und auch keinen klaren Demonstrat­ionszug, verteilten sich die Protestler etwas unkoordini­ert in den Straßen. In den meisten Vierteln herrschte an diesem zweiten Adventssam­stag, wo es sonst brummen würde, gespenstis­che Ruhe.

Gewaltexze­sse wie am Wochenende zuvor blieben aus, auch wenn es am Nachmittag zu Zusammenst­ößen kam, Schaufenst­er zu Bruch gingen und Autos brannten, auch in anderen Städten wie Bordeaux, Toulouse und Nantes. In ganz Frankreich wurden etwa 250 Menschen verletzt und mehr als 1700 festgenomm­en, die meisten in Paris. Präsident Macron dankte den Einsatzkrä­ften für „den Mut und die außergewöh­nliche Profession­alität“. Montagaben­d will er im Fernsehen erklären, wie er der Krise zu begegnen gedenkt.

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