Kalter Kaffee aus dem Zapfhahn
Die Nördlinger Firma Carbotek setzt auf das Trendgetränk Cold Brew Coffee und hat damit weltweit Erfolg. Dabei hatte Gründer Florian Koch erst eine ganz andere Geschäftsidee
Nördlingen Dichter, weißer Schaum, eine perlende, tiefschwarze Flüssigkeit: Was Florian Koch aus dem Hahn einer Zapfanlage in sein Glas fließen lässt, könnte gut und gerne auch in einem irischen Pub serviert werden. Was aussieht wie ein frisches Guinness, schmeckt wie kalter Kaffee – und, ja, das soll so sein.
Florian Koch muss selbst lächeln, als er von seinem Produkt erzählt. „Cold Brew Coffee“, so nennt sich das Getränk, das kenne in Deutschland noch kaum jemand, sagt der Nördlinger Unternehmer. Anders als Eiskaffee wird es nicht mit Eiswürfeln heruntergekühlt, sondern mit kaltem Wasser zubereitet. Ob das Getränk sich hier jemals durchsetze? „Ich glaube eher nicht, dass es eine große Sache wird“, sagt er und lacht. Der Deutsche ist seiner Meinung nach generell eher traditionell eingestellt. In den USA oder England sei der kalte Kaffee aber ein echtes Trendgetränk. Und genau das will Koch mit seiner Erfindung ausnutzen.
Der Nördlinger stellt nicht den Kaffee her, sondern die Maschine, mit der man diesen zapfen kann. „Cold Brew Coffee“sei deutlich komplizierter herzustellen als das gewohnte Heißgetränk. „Die Bitterstoffe und die Säure müssen aus dem Produkt raus, obwohl es nicht erhitzt wird“, erläutert Koch. Deshalb müsse der Kaffee vor dem Gebrauch für rund zwölf Stunden vorbereitet, also zum Beispiel in Wasser eingelegt werden. Zu Hause könne man sich die Zeit vielleicht nehmen, für ein Café oder eine Bar sei das aber zu unpraktisch. Dort verwende man das Produkt beispielsweise als Konzentrat.
Mit der Maschine, die der Unternehmer entwickelt hat, kommt dieses Konzentrat dann als aufgeschäumtes Kaltgetränk aus dem Zapfhahn. „Nitrocool“nennt König das Gerät, weil dem kalten Kaffee Stickstoff, auf Englisch: Nitrogen, beigemischt wird, um ihn schaumig und cremig zu machen. Der Cold Brew Coffee schmecke nach Keksen, Zimt oder Eiskaffee, da gebe es keine Grenzen, sagt Koch. In Klubs mixt man aus dem kalten Kaffee auch Cocktails.
Entwickelt hat er die Maschine aus einem ganz anderen Grund. Koch war Geschäftsführer einer Nördlinger Brauerei und hat sich Gedanken über neue Produkte gemacht – und über alternative Absatzwege. So kam er auf die Idee, Bier in Pappboxen statt in Fässern auszuliefern. „So hätte sich das Rückführen der schweren Fässer erübrigt und Kunden hätten Transportkosten gespart.“Da die Boxen dem Druck des Bieres nicht standgehalten hätten, brauchte es ein Verfahren, mit dem die Kohlensäure aus dem Getränk herausgeholt und beim Zapfen wieder hineingebracht werden kann. So entstand der Vorgänger des Nitrocool.
Das Bier in der Box fand nur wenige Abnehmer. Getränkehersteller kamen aber mit einer anderen Idee auf Koch zu: Sie schlugen vor, das Verfahren für den kalten Kaffee einzusetzen. „Das Prinzip ist ähnlich, nur dass wir statt Kohlendioxid Stickstoff brauchen“, erklärt er.
Der Nördlinger setzte die Idee um, und sie funktioniert. „Die Nachfrage im Ausland wächst rasant“, sagt der Unternehmer. Zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren müsse seine Firma umziehen. Die alten Räume wurden einfach zu klein. Die Maschinen werden in Nördlingen zusammengebaut, einige Einzelteile extern gefertigt. 95 Prozent setzt die Firma Carbotek ins Ausland ab.
Neben England seien auch Australien und Asien starke Märkte, sagt Koch. Als Nächstes will der Nördlinger in den Vereinigten Staaten durchstarten. Denn dort sei die Nachfrage am größten. „Starbucks pusht das Thema extrem“, sagt Koch. Die nötigen Zulassungen für die Maschine in den USA zu bekommen, sei nicht so einfach. Anfang des kommenden Jahres soll es aber so weit sein.
Ein vergleichbares Produkt zum Nitrocool habe es anfangs nicht gegeben, doch mittlerweile befänden sich einige Kopien auf dem Markt, sagt der Nördlinger. Er hat mehrere Patente für seine Maschine angemeldet, für die seine Firma kürzlich den „Innovation Award“auf der Nürnberger Getränkemesse „BrauBeviale“erhalten hat. Rund 2000 Euro kostet ein Exemplar. Weil das Kaffee-Konzentrat nur in größeren Mengen erhältlich sei, verkauft der Nördlinger bisher kaum an Privatkunden, doch da werde sich noch einiges tun, sagt er.
Am Ende der Entwicklung sei man beim Nitrocool ohnehin nicht. Das Prinzip des Cold Brew Coffee lasse sich beispielsweise auch auf Tee anwenden. Florian Koch hat für die Zukunft noch einige Ideen.