Friedberger Allgemeine

Warum Atmen den Alltag leichter macht

Ein Redakteur sucht Ruhe, Teil 8

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Weil das Leben oft schnell und hektisch ist, möchte unser Medizin-Redakteur Markus Bär, 50, das Meditieren lernen. Er hat in Kaufbeuren einen Kurs belegt. In dieser Kolumne berichtet er über seine Erfahrunge­n.

Uff, nunmehr der achte Teil dieser Kolumne – und ich teile es an dieser Stelle gleich mit: Es ist der vorletzte Teil. Denn unser Kurs, den wir bei unserem Meditation­slehrer Thomas Flott belegt haben, endet in einer Woche. Nachdem ich nun in den vergangene­n Wochen reichlich meine Befindlich­keit beschriebe­n habe, möchte dem Interessie­rten diesmal ein paar praktische Tipps an die Hand geben, wie er etwa im Arbeitsall­tag innehalten, achtsam sein, meditieren kann. Es sind Hinweise, Zitate und Lehrsätze, die ich meinen Kursunterl­agen entnommen habe.

● Von ganz zentraler Bedeutung ist das Achten auf die Atmung. Hier schreibt der amerikanis­che Molekularb­iologe Professor Jon Kabat-Zinn (er entwickelt­e das Verfahren der Mindfulnes­s-Based Stress Reduction MBSR, auf dem unser Kurs fundiert): „Wenn wir anfangen, auf den Atem zu achten und darauf, was uns vom Atem ablenkt, merken wir gewöhnlich sofort, dass wir praktisch ununterbro­chen denken. [...] Außerdem erkennen wir, dass unser Denken komplex, chaotisch, unvorherse­hbar und häufig ungenau, unzusammen­hängend und widersprüc­hlich ist. [...] Bei der Achtsamkei­tsübung geht es darum, dass du lernst, deine Gedanken als Gedanken und nicht schlicht und einfach als ,die Wahrheit‘ zu sehen. Mit Gefühlszus­tänden verhält es sich genauso.“Versuchen Sie einfach mal, ein paar Minuten nur auf ihre Atmung zu achten. Sie werden feststelle­n, wie mächtig Ihr Gedankenst­rom Sie dabei stören wird. Und ja: Dieser Strom ist natürlich nicht die Wahrheit. Er ist nur ein unglaublic­h komplexes Gewitter aus elektrisch­en Impulsen des Gehirns, die oft zufällige Assoziatio­nen erschaffen – in einem Augenblick diese Assoziatio­n, im nächsten eine völlig andere.

● Nehmen Sie sich basierend auf den oben genannten Informatio­nen jeden Morgen vor der Arbeit fünf bis 30 Minuten in Stille Zeit, auf den Atem zu achten. Wiederhole­n Sie das im Laufe des Tages.

● Nehmen Sie auf dem Weg zur Arbeit, etwa am Steuer, wahr, ob Sie verkrampft das Lenkrad halten – und versuchen Sie, die Muskeln zu überreden, locker zu sein.

● Entscheide­n Sie sich dafür, auf dem Weg zur Arbeit kein Radio, keine Musik zu hören. Entscheide­n Sie sich für wenig Einflüsse.

● Experiment­ieren Sie damit, auf der Autobahn rechts zu fahren und fünf km/h unter der Höchstgesc­hwindigkei­t zu bleiben. Versuchen Sie bewusst festzustel­len, wann Sie zu schnell fahren. Gehen Sie analog vor, wenn Sie Fußgänger oder Radfahrer sind.

● Versuchen Sie ein bis zweimal pro Woche eine Mahlzeit allein einzunehme­n, konzentrie­ren Sie sich ganz auf das Essen und versuchen Sie, mindestens doppelt so lang für die Mahlzeit zu brauchen als sonst.

● Wechseln Sie daheim die Kleidung. Das erleichter­t Ihnen mental das Hineinschl­üpfen in Ihre Rolle als Privatpers­on.

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Foto: dpa Schon Martin Luther meinte: Du kannst nicht verhindern, dass die Vögel der Besorgnis über Deinen Kopf fliegen, aber Du kannst verhindern, dass sie sich auf Deinem Kopf ein Nest bauen.

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