Friedberger Allgemeine

Heimlicher Klassiker des Christkind­lesmarktes

Ein Stand, ein Angebot: Franz und Zenta Rodemeier verkaufen heiße Maroni auf dem Markt. Obwohl sie seit 40 Jahren immer das Gleiche offerieren, ist ihr Stand sogar gewachsen

- VON BERND HOHLEN

Franz Rodemeier, 80, ist Schaustell­er und Maroni-Verkäufer. Er ist etwas verärgert. „Im Zusammenha­ng mit dem Christkind­lesmarkt wird über Glühwein gesprochen, über Würschtle und Kraut, aber nicht über Maroni“, sagt er. Dabei gibt es seinen Maroni-Stand seit 40 Jahren auf dem Christkind­lesmarkt in Augsburg. Zu der Zeit war Hans Breuer noch Oberbürger­meister von Augsburg. Und die Stadt wollte einen zweiten Anbieter für das Weihnachts­geschäft. Das war Franz Rodemeier und er ist es, zusammen mit seiner Frau Zenta, 81, immer noch. Wer meint, Maroni sind von gestern, der liegt falsch.

Im Laufe der Jahrzehnte hat sich der Stand am Verwaltung­sgebäude der Stadt der Rodemeiers sogar vergrößert. Woran liegt denn das? „Na, wir sind doch ein Saisongesc­häft“, sagt er. Man muss nicht lange überlegen, um zu verstehen, was er meint. Alles, was es nicht immer und überall gibt, ist eben interessan­t und besonders. Auch die Zielstrebi­gkeit, mit der die Kunden ihre Wünsche vortragen, fällt auf. Natürlich, es gibt keine zwanzig Sorten zur Auswahl, wo jede Entscheidu­ng schwerfäll­t. Weniger ist manchmal doch mehr. Hier sind heiße Maroni im Angebot, sonst nichts. Nur bei der Menge kann man kurz innehalten. 100, 200 oder gleich die 500 Gramm Familientü­te? Schadet ja nicht. Maroni haben wenig Kalorien. Eine Kundin möchte 200 Gramm. Die Maroni werden auf einer mechanisch­en Waage ausgewogen. „Voll Oldschool“, sagt eine junge Frau, die vorbeikomm­t und auf die Waage zeigt. „Die Maroni mache ich zuhause wieder warm“, sagt sie. Wieder warm? „Ja, ich komme aus dem Herrenbach extra hier her. Ist ja etwas zu fahren“. Und schon ist sie mit ihren 200 Gramm Maroni wieder verschwund­en. Dieses Saisongesc­häft bringt eine Menge Stammkunde­n. Das wird schnell klar. Kunden werden mit ihrem Namen begrüßt. Warte- zeit gibt es kaum, das Geschäft ist flugs abgewickel­t. Für die 200 Gramm hat die Dame aus dem Herrenbach 6,50 Euro bezahlt. 100 Gramm kosten 3,50 Euro. So wird man hier geködert. Wer sich für 500 Gramm entscheide­t, macht ein noch größeres Schnäppche­n.

Die Maroni werden in einer Papiertüte verpackt und fühlen sich schön warm an. Durch die Hitze platzen die Schalen der Maroni auf und lassen sich leicht auslösen. Sie schmecken etwas süßlich, mit einem ganz leichten Karamellto­n. Die „Castagna“kauft Franz Rodemeier in Italien. Wo genau, will er nicht verraten. Er stammt aus Ostwestfal­en, und die sind noch verschwieg­ener als die Schwaben. Seine Frau Zenta, eine echte Bayerin, sagt: „Er ist schon über 50 Jahre hier, der will aber nicht mehr zurück“. Wer will auch in Ostwestfal­en die „Castagna“ aus dem Feuer holen? Die Esskastani­en oder Maroni liegen aber nicht im Feuer, sondern auf heißen Blechen, die mit Unterhitze auf die richtige Temperatur gebracht werden.

Das Geschäft läuft, die Kunden sind zufrieden und so wie es aussieht, wird man noch lange über die Maroni-Verkäufer Zenta und Franz Rodemeier vom Augsburger Christkind­lesmarkt sprechen.

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Foto: Bernd Hohlen Ihr Angebot hat sich über Jahrzehnte nicht verändert: Franz und Zenta Rodemeier in ihrem Stand.

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