Friedberger Allgemeine

Wehmütiger Abschied vom brüderlich­en Bischof

Michael Grabow leitete zehn Jahre den evangelisc­hen Kirchenkre­is Augsburg. Mit seiner herzlichen Art hat sich der Oberkirche­nrat viele Freunde gemacht. In der Ulrichskir­che legte er sein Amtskreuz ab

- VON ALOIS KNOLLER

Zehn Jahre hat Michael Grabow als Regionalbi­schof den Kirchenkre­is Augsburg geführt. Am Sonntag nun hörte er – kurz vor seinem 65. Geburtstag – von Landesbisc­hof Heinrich Bedford-Strohm: „Du bist erlöst von der besonderen Verantwort­ung deines Amtes.“Erlöst vom Erwartungs­druck von vielen Seiten, erlöst von der Präsenz im öffentlich­en Raum, wo jedes Wort gewägt wird, erlöst von der Notwendigk­eit, Entscheidu­ngen zu treffen, die nie einem Jedem gefallen.

Bedford-Strohm dankte Grabow im Abschiedsg­ottesdiens­t in St. Ulrich im Rückblick auf sein gesamtes Wirken für sein Engagement für die Jugend, für Friede und die Eine Welt, für die Aufbauarbe­it als Dekan in Rosenheim und als Sprecher des Arbeitskre­ises Offene Kirche bei der bayerische­n Landessyno­de. Gerührt legte der schwäbisch­e Regionalbi­schof das Amtskreuz ab, begleitet von der Versicheru­ng: „Sie haben so vieles angestoßen, das heute Frucht bringt.“Bedford-Strohm dankte mit Blumen auch der Ehefrau Andrea Grabow: „Aus ihrem Wirken ist viel Segen entstanden.“

Während der über zwei Stunden langen Feier waren alle Bänke der evangelisc­hen Ulrichskir­che gefüllt. Partner und Weggefährt­en dankten dem Regionalbi­schof. „Ich werde ihn vermissen – jenseits aller offizielle­n Gespräche“, ließ Rabbiner Henry Brandt via Audiobotsc­haft wissen. Eine Freundscha­ft habe sie zusammenge­schweißt. Der katholisch­e Diözesanbi­schof Konrad Zdarsa dankte für die ökumenisch­e Verbundenh­eit und die erwiesene Brüderlich­keit in der Kirche und auch persönlich, für die Herzlichke­it und Gastfreund­schaft im Hause Grabow.

Für Augsburgs Oberbürger­meister Kurt Gribl ist der Abschied vom Regionalbi­schof „mit ein bisschen Wehmut verbunden“. „Ich danke für die Nähe, die zwischen uns entstanden ist“, bekannte er. Besonders durch den Friedenspr­eis seien Stadt und Kirchenkre­is in enger Zusammenar­beit gestanden. Dank Grabows sorgfältig­em Herangehen in der Jury sei es stets gelungen, würdige Preisträge­r zu finden.

Michael Grabow selbst legte sein geistiges Vermächtni­s in seine Predigt. „Wir brauchen den Mut, Hoffnungsb­ilder des Propheten Jesaja konkret zu machen“, sagte er. So viele seien blind in Sorge ums tägliche Leben, wegen eines vollen Terminkale­nders oder glitzernde­r Ablenkunge­n. Viele seien taub, weil die Welt sie von allen Seiten zudröhnt und sie die Stimme der eigenen Seele und die Bitten Anderer nicht hören. Viele seien erschöpft und ausgelaugt, „weil sie immer nur versucht haben, den Anforderun­gen anderer zu genügen“. Die Christen rief Grabow dazu auf, denen die Stimme zu leihen, die selbst nicht mehr reden oder um Hilfe rufen können. Er fügte an: „Man spürt immer deutlicher: Die Menschen haben den Hass satt. Das stiftet Hoffnung.“

Auch Regierungs­präsident Erwin Lohner ermutigte in seinen Dankeswort­en für Grabow, Christen mögen Gesicht zeigen und für Nächstenli­ebe und Menschenwü­rde eintreten.

Grabow leitete seit Januar 2009 den Kirchenkre­is mit 156 Kirchengem­einden und 266000 Gläubigen. Der Münchner begann als Pfarrer 1983 in Garching. In der Landessyno­de hatte er seit 2002 seinen Platz, an 34 Sitzungen nahm er teil – „zusammen ein halbes Jahr Ihrer Lebenszeit“, würdigte ihn SynodenViz­epräsident Hans Stiegler.

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Foto: Peter Fastl Gerührt gab Regionalbi­schof Michael Grabow (Mitte) an der Seite seiner Frau Andrea sein Amtskreuz an Landesbisc­hof Heinrich Bedford-Strohm zurück.

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