Deutsche Bahn um Augsburg auf dem Abstellgleis
Nach dem Verlust der Lechfeldbahn erhält nun auch beim Fugger-Express ein anderes Unternehmen den Zuschlag: Go-Ahead fährt voraussichtlich ab 2022 die Züge. Was ändert sich für die Fahrgäste?
Die roten Nahverkehrszüge der Deutschen Bahn werden am Hauptbahnhof künftig kaum mehr zu sehen sein: Der Nahverkehr Richtung München, Donauwörth und Ulm wird nach einer Entscheidung des Freistaats ab Dezember 2022 nicht mehr von der DB, sondern von der Go-Ahead-Verkehrsgesellschaft betrieben. Sie ist ein Ableger der britischen Go-Ahead-Group. Die DB ließ zunächst offen, ob sie versuchen wird, die Vergabe anzufechten. Man werde die Entscheidung prüfen, so ein Sprecher. Auch wenn man den Verlust des Auftrags bedauere, sei klar, dass dies im Wettbewerb passieren könne.
Damit hat die Deutsche Bahn alle Nahverkehrsnetze um Augsburg verloren: Ammersee- (Richtung Weilheim) und Paartalbahn (Richtung Aichach/Ingolstadt) werden bereits von der Bayerischen Regiobahn (BRB) mit ihren weiß-blaugelben Triebwagen betrieben; sie soll auch nach 2022 den Zuschlag bekommen. Die BRB wird zusätzlich den Verkehr auf der Staudenbahn übernehmen, die reaktiviert wird. Seit Sonntag fahren auch auf dem Lechfeld Richtung Bobingen/ Schwabmünchen Züge der BRB.
Welche Folgen der sich abzeichnende Betreiberwechsel beim Fugger-Express im Zuge der turnusgemäßen Ausschreibung für die Fahrgäste haben wird, ist noch unklar. In Sachen Qualität – z.B. Sauberkeit oder Zustand der Ausstattung – liegen Privatbahnen laut Rangliste des Freistaats häufig vor der DB. Die BRB schnitt bisher immer recht gut ab, zu Go-Ahead gibt es noch keine Daten. Das Unternehmen wird 2019 in Baden-Württemberg an den Start gehen. Ab 2021 wird Go-Ahead zudem den Zugverkehr zwischen München und Lindau bedienen.
Doch beim Fugger-Express gibt es an ganz anderer Stelle die Probleme. Seit Jahren gibt es Klagen über zu volle (zuletzt besserte sich die Situation) und unpünktliche Züge. Doch allein der Betreiberwechsel wird daran nichts ändern. Die DB, seit der Liberalisierung ein Betreiber unter vielen, setzt das um, was vom Freistaat gewünscht wird. Allerdings gab es vom Fahrgastverband Pro Bahn in der Vergangenheit durchaus die Kritik, dass die DB beim Fugger-Express zu wenig Er- in der Hinterhand habe, um Zugausfälle kurzfristig kompensieren zu können.
Die Pünktlichkeit beim FuggerExpress ist seit Jahren ein Thema. Sie lag 2017 bei 90,7 Prozent – somit kam fast jeder zehnte Zug zu spät. Eisenbahnunternehmen können das aber nur zum Teil selbst steuern. Ein großer Teil der Verspätungen kommt beim Fugger-Express „von außen“, wenn etwa ein verspäteter Fernverkehrszug Vorrang bekommt. Daher wird auch Go-Ahead auf der München-Strecke – einer der am dichtest befahrenen Strecken – keinen leichten Stand haben.
Weil die Bayerische Eisenbahngesellschaft, die den Schienennahverkehr im Auftrag des Freistaats koordiniert, noch eine Wartefrist bis zum endgültigen Zuschlag einhalten muss, handelt es sich bis zum 18. Dezember um ein laufendes Verga- beverfahren. Darum schweigt der Freistaat noch zu den genauen Inhalten der Siegerangebote. Unklar ist etwa, mit welchen Zügen GoAhead fahren möchte. Im Raum Stuttgart und nach Lindau wird das Unternehmen neue Elektro-Triebwagen des Typs Stadler Flirt 3 einsetzen. Möglicherweise kommen die auch in Augsburg zum Einsatz. GoAhead baut nahe Aalen ein eigenes Betriebswerk, das auch Basis für die Augsburger Züge werden könnte.
Nicht betroffen von der Ausschreibung ist grundsätzlich die Infrastruktur. Gleise, Bahnhöfe und Stellwerke auf den betroffenen Strecken gehören weiterhin DB Netz und DB Station, die von den Bahnunternehmen Geld für die Benutzung bekommen. Auch auf die Fahrpreise wird sich der Betreiberwechsel nicht auswirken.
Beim Angebot wird es aber Versatzfahrzeuge besserungen für die Fahrgäste geben – zum Teil unabhängig vom Betreiberwechsel. In der Ausschreibung hatte der Freistaat klar gemacht, dass er mehr Sitzplatzkapazitäten wünscht, die teils durch Doppelstockwagen abgedeckt werden könnten. Zu Stoßzeiten ist offenbar der Einsatz von Zügen mit 1000 Sitzplätzen geplant. Zudem soll die Pünktlichkeit erhöht werden, indem für Züge in München längere Wendezeiten als Puffer eingeplant werden. Auch eine Taktverdichtung an Samstagen ist im Gespräch.
Der Verkehrsverband VCD erklärte, dass mit den Bedingungen der neuen Ausschreibung endlich ein akzeptabler Standard hergestellt werde. Für die restliche Betriebszeit bis 2022 erwarte man von der DB, dass sie die alten Züge weiterhin wartet. Beim Fahrgastverband Pro Bahn äußert man sich abwartend. Grundsätzlich sei der Wettbewerb im Nahverkehr sinnvoll, um Qualität und Wirtschaftlichkeit zu steigern. Zu Go-Ahead könne man, da das Unternehmen in Deutschland bisher nirgends fährt, keine Einschätzung geben. „Aber wer A sagt, muss auch B sagen. Es gibt keinen Wettbewerb, ohne neuen Unternehmen einen Zugang zum Markt zu ermöglichen“, so Jörg Lange von Pro Bahn. Das Unternehmen habe eine faire Chance verdient, man werde aber genau hinschauen, wie sich die Betriebsaufnahme in BadenWürttemberg 2019 gestaltet. In Großbritannien wickelt Go-Ahead nach eigener Aussage etwa 25 Prozent der Bahnreisen ab. Im Regionalbussegment besetzt Go-Ahead elf Prozent Marktanteil, in London wird ein Viertel des Busverkehrs erbracht. Weltweit hat Go-Ahead 28 000 Beschäftigte.