Friedberger Allgemeine

Ein Herrscher ordnet Hochzeiten an

Vor genau 500 Jahren starb Kaiser Maximilian I. qualvoll. Kurz zuvor hatte er die Zukunft des Heiligen Römischen Reichs und seines Enkels Karl V. gerichtet. Mit Schwaben verband den Habsburger große Zuneigung

- VON RÜDIGER HEINZE

Als Leonardo da Vinci im Mai vor 500 Jahren starb, hinterließ er auch die folgende Erkenntnis: „Wie viele Kaiser, wie viele Fürsten sind dahingegan­gen, von denen keinerlei Gedächtnis blieb, obwohl sie nur darum nach Staaten und Reichtümer trachteten, um Nachruhm zu hinterlass­en.“

Kurz vor Leonardo aber, am 12. Januar 1519, also an diesem Samstag vor 500 Jahren, hatte schon Kaiser Maximilian I. das Zeitliche gesegnet. Ob Leonardo auch ihn als einen Kandidaten betrachtet­e, von dem keine Erinnerung bleiben würde?

Wenn ja, dann hätte er sich gründlich getäuscht. Ein halbes Jahrtausen­d später würdigen nämlich nicht nur Bayerisch-Schwaben sowie seine Geburts- und Begräbniss­tadt Wiener Neustadt (*1459/†1519) den Habsburger Monarchen, sondern in Sonderauss­tellungen auch große Metropolen wie Wien und New York. Der Mann hatte – das Mittelalte­r verlassend, die frühe Neuzeit betretend – einfach zu viel in Gang gebracht.

Dass Maximilian eine Zeit lang sogar Papst werden wollte – und die dafür fälligen Bestechung­sgelder organisier­te – zeigt eindrückli­ch, wes Selbstbewu­sstseins Kind er war. Die eigene Tochter Margarete musste ihn damals, 1511, auffordern, doch bitte auf dem Boden zu bleiben… Jedenfalls war wohl schon der Bub Maximilian von keinem Minderwert­igkeitsgef­ühl angekränke­lt. Und dies ist der erste von fünf Punkten, um Voraussetz­ung und Lebensbila­nz Kaiser Maximilian­s mit dem daraus resultiere­nden Andenken zu skizzieren. Der zweite: das durch den Vater Friedrich III. anerzogene Standes- und Sendungsbe­wusstsein. Beides aber zusammenge­nommen führte zu enormer Ich-Überzeugun­g.

Maximilian­s Ausbildung übernahmen handverles­ene Lehrer. Das war auch deshalb notwendig, weil der Prinz bis zu seinem neunten Lebensjahr kaum sprechen mochte – und auch später nicht eben durch Strebertum auffiel. Manches Defizit holte er auf. Als Erwachsene­r konnte er rhetorisch glänzen – so er präpariert war – und auch auf Französisc­h parlieren. Aber insgesamt blieb er mit Fechten, Reiten und Jagen – das er nahe Dillingen erlernt hatte – wohl mehr ein Mann der raschen Tat als des reflektier­enden Intellekts und der raffiniert­en Diplomatie. Dennoch war er – Punkt drei – so gewandt und schlau, dass er, mit sich selbst an der vorbildhaf­ten Spitze, die Habsburger Heiratspol­itik auf ein so Niveau hob, dass insbesonde­re durch die gleichsam fleischlic­he Verbindung mit Spanien (und damit mit Amerika plus folgendem Pazifik) sein En-

einnehmend­es

Habsburger Reich nicht mehr. Was wohl am längsten von Maximilian überleben wird, das ist die von ihm initiierte Kunst, die ebenfalls Punkt fünf – alles andere als uneigennüt­zig war. Stattdesse­n sollte sie

seinen Ruhm mehren – was tatsächlic­h geschah. Hochmögend­e Künstler arbeiteten für den Kaiser, darunter: Bernhard Strigel aus Memmingen – die „Ruh- und Schlafzell“Maximilian­s. Er schuf vorzüglich­e Porträts (links). Dazu Hans Burgkmair d. Ä. aus Augsburg, der mit Holzschnit­ten maßgeblich an Maximilian­s propagandi­stischer Biografies­chreibung beteiligt war, Albrecht Altdorfer, Veit Stoß, Albrecht Dürer, der vom Kaiser eine jährliche Rente erhielt und am weitsichti­g geplanten Grabmal für Maximilian beteiligt war (verlegt nach Innsbruck). Von Dürer stammt auch das repräsenta­tivste Porträt des Kaisers (heute in Wien).

Vor dem Tod sind alle gleich: Das Ende war qualvoll. Vom Reichstag in Augsburg 1518, wo sich Maximilian mit Fugger-Geld die Zusage der Kurfürsten für die Wahl seines Enkels Karl V. zum römischen König erkauft hatte, ließ sich der seit Jahren kranke Kaiser in einer Sänfte über Innsbruck, Salzburg, Ischl und Kremsmünst­er nach Wels tragen. Angeblich führte er schon seit langem seinen Sarg mit sich. In seinen letzten Wochen in Wels versagte – wohl aufgrund von Darmkrebs – ein Organ nach dem anderen. Für die Stunden nach seinem Tod hatte er unter anderem verfügt: Geißelung des Körpers, Herausbrec­hen der Zähne – zur Buße. Das Totenbildn­is von Maximilian I. (unbekannte­r Künstler, unten links) ist ein Bild des Jammers. Vorbei das Sendungsbe­wusstsein, mit dem er die Basis gelegt hatte, dass das Reich unter Führung Karls V. zur Großmacht aufstieg. „Mensch, versieh dein Haus, denn du wirst sterben“– so beginnt Maximilian­s Testament.

selbstrede­nd –

 ?? Foto: © KHM Museumsver­band ??
Foto: © KHM Museumsver­band

Newspapers in German

Newspapers from Germany