Friedberger Allgemeine

Große Liebe zur kleinen Welt

Seit zwei Jahrzehnte­n feilt der Meringer Wolfgang Elfe an seiner Miniaturan­lage im Keller. Beim kommenden Flohmarkt der Meringer Modellbahn­freunde ist sein Rat als Eisenbahn-Doktor gefragt

- VON PETER STÖBICH

Mering Schon auf den ersten Blick ist klar, woran das Herz von Wolfgang Elfe hängt: Eine deutsche und eine englische Dampflok zieren seine Visitenkar­te. Im Keller hat der Sammler aus Mering weit über tausend Modelle stehen und eine Werkstatt eingericht­et, in der er seine Schätze, die er oft gebraucht kauft, wieder instand setzt.

Im Kreis von Modellbahn­ern kennt man den 67-Jährigen nur als Eisenbahn-Doktor, denn auf Clubtreffe­n und Flohmärkte­n repariert der ehemalige Schlosser kostenlos defekte Fahrzeuge; lediglich der Materialpr­eis muss bezahlt werden. „Mit einer Kindereise­nbahn von Märklin hat alles angefangen“, erzählt er.

Damals lebte er noch in Dortmund, die Leidenscha­ft für das Modellbahn-Hobby packte ihn aber erst viele Jahre später.

Von 1974 bis 2002 arbeitete er bei der Bahn in Augsburg als Stellwerke­r und kaufte sich in dieser Zeit ein Haus in Mering-Sankt Afra. Dort wird am Samstag, 26. Januar, ein großer Flohmarkt im alten Wasserhaus stattfinde­n (siehe Infokasten).

Elfe ist Mitbegründ­er der Meringer Modellbahn­freunde und auf Spur N spezialisi­ert, das entspricht dem Maßstab 1:160. Die in Deutschlan­d dominieren­de Spurweite ist H0 (Maßstab 1:87); hier findet man auch das mit Abstand größte Angebot an Rollmateri­al (also Loks, Wagen und Triebwagen). „In diesem Maßstab gibt es konkurrier­ende Systeme, die nur bedingt kompatibel sind“, sagt Elfe. Für viele N-Freunde seien der kleinere Maßstab und die damit einhergehe­nde, großzügige­re Anlagenges­taltung ausschlagg­ebend.

„Betriebsra­um – Nichtberec­htigten Zutritt verboten“steht im typischen Bahn-Deutsch auf einer Tafel, die Elfe am Eingang zu seinem privaten Paradies montiert hat. Alte Uniformmüt­zen, Schilder und andere Erinnerung­sstücke hängen rund um die analoge Anlage im Keller, an der er seit mehr als zwei Jahrzehnte­n bastelt. Nichts wäre schlimmer als ihre Fertigstel­lung, denn dann könnte man die Züge nur noch im Kreis herumfahre­n lassen.

Die eingeschwo­rene Gemeinscha­ft der Meringer Modellbahn­freunde gibt es freimütig zu: Etwas g’spinnert muss man schon sein, um in seiner Werkstatt stundenlan­g winzige Plastikfig­uren anzumalen, sie dann in ebenso winzigen Häusern zu platzieren, die schließlic­h Teil einer riesigen Landschaft werden. Dass Modellbahn­er wie große Kinder sind, die halt gern spielen, Wolfgang Elfe nicht gelten lassen: „Denn als Spielzeug sind die Sammlerstü­cke viel zu teuer und diffizil; zum Anlagenbau braucht man außerdem Grundkennt­nisse als Feinmechan­iker, Elektriker oder Schreiner.“

Vor drei Jahren hatten die Meringer Sammler im Heimatmuse­um eine große Ausstellun­g zum 175-jährigen Jubiläum der Eisenbahns­trecke München-Augsburg organisier­t. „Dazu haben wir eine besondere Beziehung, weil die Bahnlinie ja vor unserer Haustür verläuft“, so Elfe.

Wenn man sich dem Hobby Modellbahn mit echtem Interesse nähert oder früher schon mal eine Bahn hatte und heute wieder einen Einstieg sucht, sollte man sich im Vorfeld einige Gedanken machen. „Oft sind solche Überlegung­en bares Geld wert“, sagt er. Die wichtigste­n Fragen am Anfang und auch später immer wieder sind die nach vorhandene­n Platz, der dadurch möglichen Spurweite und dem Budget. „Erst dann folgen die Fragen nach der analogen oder digitalen Steuerung oder dem richtigen System!“Computerfr­eaks können sich richtig austoben an einer Modelleise­nbahn.

Für Einsteiger interessan­t sind auch landschaft­lich weitestgeh­end durchgesta­ltete Fertiganla­gen, bei denen nur noch die Schienen verlegt und die Gebäude aufgebaut werden müssen. Man unterschei­det Anlagensys­teme (komplette Anlagen auf einer Platte), die ein eigenständ­iges abgeschlos­senes Thema nachbilden und autark aufgestell­t bzw. betrieben werden können oder Teile mit genormten Schnittste­llen oder Übergängen, sogenannte Module. Diese stellen einen begrenzten Teil oder Streckenab­schnitt der Eisenbahn(-landschaft) dar. Sie können im Prinzip jederzeit frei miteinande­r verbunden werden.

Bei Hersteller-Namen wie Arnold, Fleischman­n, Roco oder Minitrix beginnen die Augen der Meringer Sammler zu leuchten. Stundenlan­g können sie bei ihren Treffen fachsimpel­n und interessan­te Fakwill ten berichten: Welcher Zug wann auf welcher Strecke gefahren ist, ist auch zeitgeschi­chtlich interessan­t. Ob jemand im Laufe seiner persönlich­en Entwicklun­g zum Spielbahne­r, Betriebsba­hner, Nietenzähl­er, Vitrinenba­hner, Schachtelb­ahner oder was auch immer wird, ist am Anfang oft nicht absehbar.

Wenn man schon im Vorfeld weiß, dass man überhaupt keine Bahnanlage bauen möchte, sondern lediglich Modelle sammelt, ist die Platzfrage eher eine organisato­rische, vielleicht vom Fassungsve­rmögen der Vitrine begrenzte Variable. In (fast) allen anderen Fällen steht sie stellvertr­etend für die Wahl der sinnvollen Spurweite. „In der Regel kann man sagen, je kleiner der Maßstab, desto mehr Anlage kann man bei gleichem Platzbedar­f umsetzen“, so Elfe. Speziell in der Spurweite H0 könne man relativ günstig „modellbahn­en“, da hier die Zahl der Wettbewerb­er am Markt am größten ist, was sich gern im Preis niederschl­ägt. Trotzdem gibt es auch hier nicht nur preiswerte Modelle, sondern unbezahlba­re Raritäten, sei es aufgrund ihres Alters oder ihrer handwerkli­chen Kleinsedem rienpräzis­ion. Leider fehlt den Modellbahn­freunden der Nachwuchs. Elfes Enkel aber ist mit dem Modellbahn­virus angesteckt. Zusammen mit seinem Opa lebt er die große Liebe zur kleinen Welt aus.

OStammtisc­h Der nächste Stammtisch im alten Wasserhaus wird am 23. Januar um 19.30 Uhr stattfinde­n.

Es gibt auch gute Modelle für Einsteiger

 ?? Foto: Peter Stöbich ?? Auf sein selbst gebautes Reich ist Wolfgang Elfe stolz. Er steht mit seinen Ratschläge­n beim Modellbahn­flohmarkt in Mering zur Verfügung.
Foto: Peter Stöbich Auf sein selbst gebautes Reich ist Wolfgang Elfe stolz. Er steht mit seinen Ratschläge­n beim Modellbahn­flohmarkt in Mering zur Verfügung.

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