Tag der Entscheidung: Darum geht es heute im britischen Parlament
● Worüber stimmen die Abgeordneten ab? Im Streit über den EU-Austritt haben sich die Abgeordneten des britischen Unterhauses eine Art Vetorecht für das Brexit-Abkommen mit Brüssel gesichert. Dieses kann die Regierung nur nach Zustimmung des Parlaments unterzeichnen.
● Was passiert, wenn der Deal angenommen wird? Sollte Premier Theresa May das Abkommen durchs Parlament bringen, könnte der EU-Austritt ziemlich sicher wie geplant am 29. März über die Bühne gehen. Ein Sieg gilt aber als sehr unwahrscheinlich.
● Wer ist für und wer gegen Mays Deal? May bräuchte mindestens 320 Stimmen. Von den 317 Abgeordneten ihrer eigenen konservativen Partei haben aber etwa 100 ein Nein angekündigt. Hinzu kommt nicht nur der Widerstand der Opposition, sondern auch der nordirischen DUP, auf deren Stimmen Mays Minderheitsregierung ist. Sollte May sich mit Hilfe von Oppositionsstimmen doch irgendwie gegen den Willen der DUP durchsetzen, könnten sich die Nordiren einem Misstrauensvotum anschließen und May zu Fall bringen.
● Was passiert, wenn der Deal abgelehnt wird? Schwer zu sagen. Großbritannien hat keine geschriebene Verfassung. Die Ablehnung könnte bereits mit Forderungen für das weitere Vorgehen versehen werden. Aber es ist umstritten, ob sich die Regierung daran halten müsste. Laut EU-Austrittsgesetz muss die Regierung spätestens 21 Tage nach der Ablehnung dem Parlament darlegen, wie es weitergehen soll. Jetzt hat das Unterhaus diese Frist auf drei Sitzungstage verkürzt – das wäre am Montag. Aber auch hier ist unklar, ob die Regierung rechtlich gebunden wäre. Spätestens sieben Sitzungstage nach dem Vorlegen eines „Plan B“muss die Regierung darüber abstimmen lassen. Das wäre nach derzeitigem Stand der 31. Januar.
● Kann May die Abstimmung so lange wiederholen, bis das Ergebnis stimmt? Theoretisch ja. Sie könnte versuchen, weitere Zusicherungen aus Brüssel einzuholen, Zugeständnisse an Labour zu machen und den Deal erneut zur Abstimmung stellen. Die Reangewiesen gierungschefin könnte hoffen, dass die Furcht vor einem Austritt ohne Abkommen doch noch Wirkung zeigt.
● Könnte sich London mehr Zeit kaufen? Großbritannien könnte eine Verlängerung der zweijährigen Austrittsfrist nach Artikel 50 der EU-Verträge beantragen, die die übrigen 27 Staaten einstimmig billigen müssten – und wohl auch würden. Allerdings würde das nach Darstellung der EU nur Sinn machen, wenn die längere Frist etwas nützen würde, etwa zum Organisieren eines neuen Referendums oder Neuwahlen. Auch betonen EU-Diplomaten, dass die Verlängerung wegen der Europawahl im Mai nur für wenige Wochen möglich sei, sonst müssten die Briten noch einmal Abgeordnete wählen. Alternativ könnte das Land seinen Austrittsantrag einseitig zurückziehen – und es womöglich einige Monate später noch einmal versuchen. Das Problem Europawahl bliebe. (dpa)