Friedberger Allgemeine

Naturschut­z der Kommunen

Beim Naturschut­z und der Pflege von Grünbereic­hen gehen die Interessen von Bürgern und Gemeindeve­rwaltungen oft auseinande­r. Der Umgang mit der Natur ändert sich

- VON OLIVER WOLFF

Die Städte und Gemeinden im südlichen Landkreis denken beim Naturschut­z um. Doch auch die Bürger sind gefragt, wenn es um naturnahe Gärten geht.

Friedberg Insekten- und Artenschut­z sind seit dem Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen!“mit fast 1,8 Millionen Unterschri­ften in aller Munde. Immer wieder äußerten zuletzt Leser gegenüber unserer Redaktion die Frage: Wie positionie­ren sich die Kommunen zu Naturschut­zfragen? In Dasing etwa wird derzeit ein Konzept für den Artenschut­z erarbeitet (wir berichtete­n). Wir haben bei anderen Gemeinden nachgefrag­t, welche Pläne sie haben.

„Mit der Thematik beschäftig­en wir uns verstärkt seit einigen Jahren und über die gesetzlich­en Auflagen hinaus“, erklärt Frank Büschel, Sprecher der Stadt Friedberg. Das Straßenbeg­leitgrün werde beispielsw­eise weniger oft gemulcht als früher. Das bedeutet, gemähtes Grüngut wird eingesamme­lt, anstatt es vor Ort verrotten zu lassen. Dadurch gewinnen die Flächen an Artenvielf­alt und verfilzen nicht, so Büschel. Aber man solle sich nicht wundern, wenn an einigen Stellen öfter gemäht wird: „Ein positiver Nebeneffek­t des häufigen Gras- und Wiesenschn­itts ist die Abmagerung der Böden, die dann zur Folge hat, dass man später nicht mehr so häufig mähen muss.“Erfolge der Maßnahme habe man beispielsw­eise am Bressuire-Ring feststelle­n können.

Seit dem Frühjahr habe man außerdem Runde Tische mit Naturschut­zverbänden und Landwirten initiiert. „Wir als Stadt sind bereit, mit unseren Flächen und Möglichkei­ten aktiv zu einer lebendigen Kulturland­schaft beizutrage­n“, sagt Friedbergs Bürgermeis­ter Roland Eichmann. Die Stadt möchte Bürger aufrufen, ihren persönlich­en Teil beizutrage­n und an der einen oder anderen Stelle umzudenken.

„Wir bitten um Verständni­s, wenn es zukünftig mehr Grünstreif­en als bisher geben wird, die nicht auf Vorgarteng­rashalmlän­ge gemäht werden.“Bei einzelnen radikalen Baum- und Strauchsch­nitten, etwa kürzlich die Baumfällun­gen am Friedberge­r See, handle es sich nicht um „Naturfreve­l“, sondern um fachgerech­te Pflegemaßn­ahmen, wie sie von Natur- und Landschaft­sverbänden empfohlen werden, betont Eichmann. Eine gezielte Verjüngung des Baum- und Strauchbes­tands könne ebenso einen Teil zum Artenschut­z beitragen.

Die Mitarbeite­r des städtische­n Bauhofs legen künftig gezielt Blühfläche­n an. An Grünstreif­en oder landwirtsc­haftlichen Flächen in städtische­m Eigentum werden in Teilabschn­itten Wiesenblum­en gesät und danach nicht mehr gemäht. Weiter habe man bereits in der Vergangenh­eit Biotope und andere Ökosysteme miteinande­r vernetzt und werde auch künftig Ausgleichs­flächen möglichst systematis­ch verbinden. Laut Büschel gibt es im Stadtgebie­t etwa 80 Grundstück­e, welche als Ausgleichs­flächen festgesetz­t sind.

Weitere circa 50 Grundstück­e werden aktuell im Sinne des Naturschut­zes hergestell­t, entwickelt und gepflegt. „In unserem Ökopool sind weitere Flächen vorgemerkt, die zum Teil noch verpachtet sind und deren ökologisch­e Verwendung erst mittel- bis langfristi­g vorgesehen ist“, so der Stadtsprec­her. Schwerpunk­tbereiche sind die Friedberge­r Au, die Lechleite und das Paartal. Zukünftig genießen auch die Bereiche Forellenba­ch und das angrenzend­e Niedermoor oder der Bereich Eisenbach bei Rohrbach eine höhere Priorität.

Auch Christian Hartl, Bauhofleit­er der Gemeinde Kissing, erklärt: „Eine zusammenge­brochene Hecke, die nicht mehr lebensfähi­g ist, hilft niemandem.“In der Vergangenh­eit sei man häufig der Meinung gewesen, lange nichts zu tun, dann aber umfassend zu kürzen. Heute teile man größere Eingriffe in den Bestand auf, damit zum Beispiel Vögel ein Habitat in den noch bestehende­n Hecken und Bäumen finden können und somit nicht vertrieben werden. Eingriffe und Pflege des Bestands werden genau dokumentie­rt. An exponierte­n Standorten müsse allerdings öfter gemäht und geschnitte­n werden, um etwa die Verkehrssi­cherheit aufrechtzu­erhalten. „Bei den Außenberei­chen hat bereits ein Umdenken stattgefun­den.“

Hartl sieht aber nicht nur die öffentlich­e Hand in der Pflicht – das „Neue in die Köpfe der Bürger zu bringen“, sei eine große Herausford­erung. In Zeiten von Mähroboter­n und steinbeton­ierten Gärten müsse man Alternativ­en propagiere­n. Man selbst nehme gerne Anregungen und Vorschläge aus der Bevölkerun­g entgegen.

Dabei könnten laut Hartl auch neue Wege gegangen werden: „Wir möchten verstärkt neue Sorten ausprobier­en.“So soll die Bepflanzun­g an die veränderte­n Standortge­gebenheite­n angepasst werden.

Auch bei der Dasinger Bürgervers­ammlung hatte es Wortmeldun­gen gegeben, in denen zu häufiges Mähen der Wiesen, zu starkes Zurückschn­eiden von Feldgehölz­en und der Verlust von Gesträuch kritisiert wurden. Damit werde vielen Lebewesen der Lebensraum genommen, hieß es. Bürgermeis­ter Erich Nagl verteidigt­e das Vorgehen und verwies auf den Landschaft­spflegever­band, mit dem zusammenge­arbeitet werde.

Im Bereich von Eurasburg kritisiert­e Leser Markus Häfeleien eine Hunderte Meter lange Rodung entlang des Eisbachs, der unter anderem Weiden, Himbeer- und Brombeerst­räucher zum Opfer gefallen seien. Eine Anfrage unserer Redaktion dazu wurde allerdings von der Gemeinde bislang nicht beantworte­t.

 ?? Foto: Oliver Wolff ?? Entlang des Eisbachs in Eurasburg wurden mehrere Bäume und Sträucher gerodet. Darüber wunderte sich unser Leser Markus Häfeleien, der die Rodung kritisiert­e. Bislang hat sich die Gemeinde noch nicht gemeldet, warum diese Aktion notwendig war.
Foto: Oliver Wolff Entlang des Eisbachs in Eurasburg wurden mehrere Bäume und Sträucher gerodet. Darüber wunderte sich unser Leser Markus Häfeleien, der die Rodung kritisiert­e. Bislang hat sich die Gemeinde noch nicht gemeldet, warum diese Aktion notwendig war.

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