Naturschutz der Kommunen
Beim Naturschutz und der Pflege von Grünbereichen gehen die Interessen von Bürgern und Gemeindeverwaltungen oft auseinander. Der Umgang mit der Natur ändert sich
Die Städte und Gemeinden im südlichen Landkreis denken beim Naturschutz um. Doch auch die Bürger sind gefragt, wenn es um naturnahe Gärten geht.
Friedberg Insekten- und Artenschutz sind seit dem Volksbegehren „Rettet die Bienen!“mit fast 1,8 Millionen Unterschriften in aller Munde. Immer wieder äußerten zuletzt Leser gegenüber unserer Redaktion die Frage: Wie positionieren sich die Kommunen zu Naturschutzfragen? In Dasing etwa wird derzeit ein Konzept für den Artenschutz erarbeitet (wir berichteten). Wir haben bei anderen Gemeinden nachgefragt, welche Pläne sie haben.
„Mit der Thematik beschäftigen wir uns verstärkt seit einigen Jahren und über die gesetzlichen Auflagen hinaus“, erklärt Frank Büschel, Sprecher der Stadt Friedberg. Das Straßenbegleitgrün werde beispielsweise weniger oft gemulcht als früher. Das bedeutet, gemähtes Grüngut wird eingesammelt, anstatt es vor Ort verrotten zu lassen. Dadurch gewinnen die Flächen an Artenvielfalt und verfilzen nicht, so Büschel. Aber man solle sich nicht wundern, wenn an einigen Stellen öfter gemäht wird: „Ein positiver Nebeneffekt des häufigen Gras- und Wiesenschnitts ist die Abmagerung der Böden, die dann zur Folge hat, dass man später nicht mehr so häufig mähen muss.“Erfolge der Maßnahme habe man beispielsweise am Bressuire-Ring feststellen können.
Seit dem Frühjahr habe man außerdem Runde Tische mit Naturschutzverbänden und Landwirten initiiert. „Wir als Stadt sind bereit, mit unseren Flächen und Möglichkeiten aktiv zu einer lebendigen Kulturlandschaft beizutragen“, sagt Friedbergs Bürgermeister Roland Eichmann. Die Stadt möchte Bürger aufrufen, ihren persönlichen Teil beizutragen und an der einen oder anderen Stelle umzudenken.
„Wir bitten um Verständnis, wenn es zukünftig mehr Grünstreifen als bisher geben wird, die nicht auf Vorgartengrashalmlänge gemäht werden.“Bei einzelnen radikalen Baum- und Strauchschnitten, etwa kürzlich die Baumfällungen am Friedberger See, handle es sich nicht um „Naturfrevel“, sondern um fachgerechte Pflegemaßnahmen, wie sie von Natur- und Landschaftsverbänden empfohlen werden, betont Eichmann. Eine gezielte Verjüngung des Baum- und Strauchbestands könne ebenso einen Teil zum Artenschutz beitragen.
Die Mitarbeiter des städtischen Bauhofs legen künftig gezielt Blühflächen an. An Grünstreifen oder landwirtschaftlichen Flächen in städtischem Eigentum werden in Teilabschnitten Wiesenblumen gesät und danach nicht mehr gemäht. Weiter habe man bereits in der Vergangenheit Biotope und andere Ökosysteme miteinander vernetzt und werde auch künftig Ausgleichsflächen möglichst systematisch verbinden. Laut Büschel gibt es im Stadtgebiet etwa 80 Grundstücke, welche als Ausgleichsflächen festgesetzt sind.
Weitere circa 50 Grundstücke werden aktuell im Sinne des Naturschutzes hergestellt, entwickelt und gepflegt. „In unserem Ökopool sind weitere Flächen vorgemerkt, die zum Teil noch verpachtet sind und deren ökologische Verwendung erst mittel- bis langfristig vorgesehen ist“, so der Stadtsprecher. Schwerpunktbereiche sind die Friedberger Au, die Lechleite und das Paartal. Zukünftig genießen auch die Bereiche Forellenbach und das angrenzende Niedermoor oder der Bereich Eisenbach bei Rohrbach eine höhere Priorität.
Auch Christian Hartl, Bauhofleiter der Gemeinde Kissing, erklärt: „Eine zusammengebrochene Hecke, die nicht mehr lebensfähig ist, hilft niemandem.“In der Vergangenheit sei man häufig der Meinung gewesen, lange nichts zu tun, dann aber umfassend zu kürzen. Heute teile man größere Eingriffe in den Bestand auf, damit zum Beispiel Vögel ein Habitat in den noch bestehenden Hecken und Bäumen finden können und somit nicht vertrieben werden. Eingriffe und Pflege des Bestands werden genau dokumentiert. An exponierten Standorten müsse allerdings öfter gemäht und geschnitten werden, um etwa die Verkehrssicherheit aufrechtzuerhalten. „Bei den Außenbereichen hat bereits ein Umdenken stattgefunden.“
Hartl sieht aber nicht nur die öffentliche Hand in der Pflicht – das „Neue in die Köpfe der Bürger zu bringen“, sei eine große Herausforderung. In Zeiten von Mährobotern und steinbetonierten Gärten müsse man Alternativen propagieren. Man selbst nehme gerne Anregungen und Vorschläge aus der Bevölkerung entgegen.
Dabei könnten laut Hartl auch neue Wege gegangen werden: „Wir möchten verstärkt neue Sorten ausprobieren.“So soll die Bepflanzung an die veränderten Standortgegebenheiten angepasst werden.
Auch bei der Dasinger Bürgerversammlung hatte es Wortmeldungen gegeben, in denen zu häufiges Mähen der Wiesen, zu starkes Zurückschneiden von Feldgehölzen und der Verlust von Gesträuch kritisiert wurden. Damit werde vielen Lebewesen der Lebensraum genommen, hieß es. Bürgermeister Erich Nagl verteidigte das Vorgehen und verwies auf den Landschaftspflegeverband, mit dem zusammengearbeitet werde.
Im Bereich von Eurasburg kritisierte Leser Markus Häfeleien eine Hunderte Meter lange Rodung entlang des Eisbachs, der unter anderem Weiden, Himbeer- und Brombeersträucher zum Opfer gefallen seien. Eine Anfrage unserer Redaktion dazu wurde allerdings von der Gemeinde bislang nicht beantwortet.