München ist grün
Zum ersten Mal feiert die Landeshauptstadt den St. Patrick’s Day drei Tage lang. Gipfel des Festivals ist, wie jedes Jahr, die Parade am Sonntag. Was halten Iren davon?
München Sonntag in der Ludwigstraße, Mittagszeit. Adam O’Sullivan sitzt auf dem Boden vor der Universität, in der Hand ein Glas Bier. Nein, sagt er und schüttelt fast empört den Kopf. Das, was er da trinke, sei ein Pint Guinness und etwas völlig anderes als ein deutsches Glas Bier. Conner daneben grinst, nippt ebenfalls an seinem Pint. Für die Brüder aus Dublin, 25 und 27, sind Details heute wichtig. Denn für sie ist dieser Tag kein gewöhnlicher, es ist St. Patrick’s Day.
In der vergangenen Woche war nicht nur Irland ein kleines bisschen grüner, die ganze Welt war es. Die Farbe steht symbolisch für die Grüne Insel und den damit verbundenen Nationalfeiertag. Jedes Jahr wird er im März zelebriert. Im Mittelpunkt steht Saint Patrick, der Schutzheilige Irlands. Fakten über ihn gibt es wenige, Legenden dagegen sind zahlreich. So soll der Missionar im fünften Jahrhundert das Land zum Christentum bekehrt haben. An einem 17. März, so heißt es weiter, sei er gestorben.
Mit den Jahren und mehreren Auswanderungswellen schwappte der irische Feiertag auch auf andere Nationen über. Das Colosseum in Rom, das Moulin Rouge in Paris und die Christus-Statue in Rio de Janeiro leuchteten bereits in der grünen Landesfarbe; zuletzt der Burj Khalifa in Dubai. In München fand sich die irische Gemeinschaft im Jahr 1996 erstmals mit Freunden zusammen, um von der Münchner Freiheit bis zum Odeonsplatz zu marschieren. Die Veranstalter erhofften sich 200 Zuschauer, 3000 kamen. Seit diesem Tag ist der St. Patrick’s Day in der Landeshauptstadt Pflicht für alle hier und in Bayern lebenden Iren.
Auch für Adam und Conner O’Sullivan war es kein Zufall, gerade in München gelandet zu sein. Die Studenten touren seit einiger Zeit durch Europa. Schon am Dienstag soll sie der Zug nach Budapest in Ungarn bringen. Ihre Tante, erzählt einer auf Englisch, lebe mit ihrem Mann in einem Dorf bei Straubing. Angereist sind die Brüder deshalb schon am Mittwoch, um mit der deutschen Familie Zeit zu verbringen und sich den bayerischen Süden anzusehen. „Great“, so das Fazit der Iren bis hierhin. Toll also. Ob die Münchner Veranstaltung mit dem St. Patrick’s Day in Dublin mithalten könne, da sind die Jungs allerdings skeptisch – und verkneifen sich ein Lachen.
Dennoch, der St. Patrick’s Day in der Landeshauptstadt hat sich inzwischen zur größten Feier ihrer Art auf dem europäischen Festland entwickelt. Zum ersten Mal überhaupt war das Festival für drei Tage angesetzt. Bereits am Freitag gab es die „Melodies of Ireland“in der Hochschule für Philosophie, worauf ein Street-Food-Market am Samstag folgte. Höhepunkt bleibt aber die Parade, die seit 2016 von Mitgliedern des Deutsch-Irischen Freundeskreises und dem MunichIrish-Network organisiert wird. Zehntausende sehen dabei zu, wie 1400 Menschen in 60 Gruppen durch die Straßen Münchens ziehen.
Viele Besucher sind extra angereist, so auch Nicole Odusch und Magdalena Gailer. Die beiden jungen Frauen haben eine Stunde Fahrt auf sich genommen, bereuen aber nichts. Für Nicole Odusch ist das Fiedeln und Dudeln und Tanzen ohnehin nicht neu. Vor vier Jahren hat sie die Parade in Dublin bestaunt. Eine andere Liga, gibt sie zu. Trotzdem musste sie Freundin Magdalena nicht lange für die Fahrt nach München begeistern. Der Plan für den restlichen Tag steht auch schon fest: Nach dem Zug geht es zur After-Parade-Party in den Wittelsbacherpark – und dann ins Pub.
Eine kürzere Anreise, aber ähnliche Pläne haben Katharina King und Teresa Wermter. Spontan haben sich die Münchnerinnen verabredet, um sich das Spektakel am Odeonsplatz anzusehen. Schön finden sie es, dass sich so viele farblich angepasst haben. Sie selbst übrigens auch: Katharina trägt einen Pulli, Teresa ein Kleid und Schuhe in Grün. Das sei heute Pflicht.