Wenn Einzelschicksale kein Einzelfall sind
Junge geflüchtete Filmemacher aus Stadt und Landkreis präsentierten ihre Kurzfilme im Cinemaxx. Flüchtlinge berichten aus ihrem Alltag, von ihren Ängsten und Nöten
Was kommt heraus, wenn sich geflüchtete Jugendliche vor und hinter die Kamera stellen? Im CinemaxxKino präsentierten die jungen Filmemacher ihre Werke und Geschichten. In den vergangenen vier Jahren sind sechs Kurzfilme, überwiegend mit dokumentarischem Charakter, in Zusammenarbeit mit der Medienstelle Augsburg, entstanden.
Leiterin Claudia Horvat erklärt: „Wir wollen den Kindern und Jugendlichen zeigen, wie man Medien als kreatives Ausdrucksmittel nutzen kann.“Man habe die jungen Geflüchteten bei der filmischen Umsetzung betreut – von der Ideenfindung bis zur Produktion. Das übergeordnete medienpädagogische Projekt wird von zahlreichen Kooperationspartnern begleitet, etwa dem Stadtjugendring, Grandhotel der Stadt und dem Landkreis Augsburg. Was beim Betrachten des 90-minütigen Filmprogramms „Ankommen?!“auffällt: Inhaltlich gibt es viele Überschneidungen. Etwa in den Fragen nach Heimat, Perspektive und
Kultur. Die einen behandeln das
Leben in den Jugendhäusern, die anderen fungieren als filmischer Stadtrundgang, mit Interviewen von Passanten, Polizisten – oder sich selbst. Es sind keine weit hergeholten Geschichten, sondern Filme, die Alltag der Geflüchteten authentisch widerspiegeln. Zu ihrem Alltag gehören auch Ängste und Nöte. Mit dem Hintergrundwissen, dass manche Protagonisten inzwischen abgeschoben wurden, erreicht der ein oder andere Kurzfilm eine weitere Bedeutungsebene. Wie etwa beim Film „Khodsani – Flucht und ihre Folgen“. Dieser erklärt, was es mit einem Jugendlichen ohne Zukunftsperspektive macht – und warum der Griff zur Rasierklinge kein Einzelfall ist. Protagonist Mohammad Sharifi aus Afghanistan berichtet im Film, er habe keinen Schmerz empfunden, als er sich immer wieder selbst verletzte. Es sei etwas anderes, sich selbst zu verletzen, als verletzt zu werden. Nach dem Screening berichtete der 28-Jährige dem Publikum, wie schwierig es für ihn gewesen war, in Deutschland Fuß zu fassen. Nicht alle seiner Freunde hätten diesen Schritt geschafft. Seit einem Jahr ist er anerkannt und möchte im September eine Ausbildung zum Krankenpfleger beginnen.
Abdul Sarhan aus Syrien floh im Jahr 2015 zusammen mit seinem Vater nach Deutschland. Sein Kurzspielfilm „After two years“handelt von zwei befreundeten jungen Flüchtlingen, welche sich ganz unterschiedlich entwickeln: Während der eine einen Ausbildungsplatz findet und eine eigene Wohnung beden zieht, gerät der andere – von Abdul selbst gespielt – immer mehr auf die schiefe Bahn. Alkohol und Selbstverletzung ist auch in diesem Film ein Thema. Das filmhandwerkliche Geschick des 17-Jährigen ist von beeindruckend hohem Niveau. Später verrät Abdul, er möchte noch weitere Filme produzieren. Er schreibe gerade an einer Serie über sein Leben, welches jahrelang von Krieg bestimmt war.
Er habe noch ein weiteres Ziel: Er möchte seine sechs und neun Jahre alten Schwestern aus der Krisenregion nach Deutschland holen. Abdul wirkt gebrochen. Er genießt derzeit nur den Schutzstatus, so erzählt er, während sein Vater bereits anerkannt ist. Derzeit holt der junge Syrer den QA an der Berufsschule nach.