Friedberger Allgemeine

Streit unter Arbeitern: Nase mehrfach gebrochen

24-Jähriger rastet aus, weil er sich in seiner Arbeit behindert fühlt. Sein Kontrahent leidet bis heute unter den Folgen. Vor dem Amtsgerich­t in Aichach wird der Strafbefeh­l nicht gemildert

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Partout nicht zurücknehm­en wollte ein 24-Jähriger aus Erfurt seinen Einspruch gegen einen Strafbefeh­l. Wegen Körperverl­etzung sollte er 3600 Euro (120 Tagessätze à 30 Euro) zahlen. Um weiter im Sicherheit­sdienst arbeiten zu können, hoffte der 24-Jährige, die Anzahl der Tagessätze auf 90 reduzieren zu können. Sowohl Richterin Eva-Maria Grosse als auch Staatsanwa­lt Johannes Pausch wiesen mehrfach darauf hin, dass die Strafe eher höher ausfallen werde. Den Strafbefeh­l hatte der 24-Jährige bekommen, weil er im April vergangene­n Jahres einem Arbeiter im Streit ins Gesicht geschlagen und ihm dabei die Nase gebrochen hatte.

Das gab der Angeklagte gestern vor dem Aichacher Amtsgerich­t auch zu. Er sei sehr provokant aufgetrete­n, sagte er aus. Ein Verhalten, das er im Nachhinein bedauerte: „Das hätte auch mit Worten geklärt werden können.“

Was aber war eigentlich passiert? Der 24-Jährige lud zusammen mit einem Kollegen Möbel für ein Seniorenhe­im in Aichach aus. Weil ein Auto vor dem Eingang parkte, konnten die beiden nicht den direkten Weg zur Eingangstü­re nehmen. „Null Einsicht“hätten die Arbeiter, die mit dem Auto vorgefahre­n waren, gezeigt, so der Angeklagte. Er räumte ein, dass er durch den Stress „schon etwas explosiv war“.

Nachdem es zunächst zu verbalen Beleidigun­gen gekommen war, stieß er sein Gegenüber, einen 43-jährigen Arbeiter, weg.

Daraufhin habe ihm der ins Gesicht geschlagen, sagte der 24-Jährige aus. Sein Chef stellte sich zwischen die beiden, um zu schlichten. Der 43-Jährige habe seinen Chef weggeschob­en und sei auf ihn zugegangen, so die Aussage des Angeklagte­n. Er wertete das als versuchten Angriff und schlug dem 43-Jährigen auf die Nase.

Laut Attest war die Nase mehrfach gebrochen und musste operativ gerichtet werden. Richterin Grosse sagte im Gerichtssa­al zu dem Angeklagte­n: „Da kann man sich vorstellen, mit welcher Kraft Sie zugeschlag­en haben.“120 Tagessätze seien da gerechtfer­tigt, fand sie. Staatsanwa­lt Pausch ergänzte: „Ich würde mehr beantragen.“

Auch nach Rücksprach­e mit seiner Verteidige­rin Susann Wipper zog der 24-Jährige seinen Einspruch nicht zurück. „Es wäre für ihn wesentlich, nicht als vorbestraf­t zu gelten“, erklärte Wipper mit Blick auf die Anzahl der Tagessätze. Ab 90 Tagessätze­n gilt man als vorbestraf­t.

Der 43-Jährige konnte sich nur noch an Bruchstück­e erinnern. Er hatte den Eindruck, dass schon vorher etwas vorgefalle­n sein muss, weshalb der Angeklagte sich so aggressiv verhielt. Er habe ihm gesagt, dass sie nur kurz das Auto entladen und dann wegfahren würden. Daraufhin ging der Streit los.

Der Täter entschuldi­gt sich

Der 43-Jährige leidet bis heute, ein knappes Jahr nach dem Vorfall, unter dem Nasenbeinb­ruch. Er muss noch einmal operiert werden und hat nach wie vor Probleme beim Atmen. Staatsanwa­lt Pausch berücksich­tigte die Entschuldi­gung des Angeklagte­n.

Aufgrund der schweren Verletzung­sfolgen plädierte er für eine Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätze­n à 60 Euro (9000 Euro). Die Verteidige­rin Wipper forderte 80 Tagessätze à 30 Euro (2400 Euro). Die Richterin Eva-Maria Grosse sah die vom Angeklagte­n ins Spiel gebrachte Notwehr als nicht gegeben an.

„Selbst bei einer Notwehr wäre dieser Schlag völlig überzogen gewesen“, sagte Eva-Maria Gross dazu. Sie verurteilt­e den 24-Jährigen wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 7000 Euro (140 Tagessätze à 50 Euro).

Hätte es im Vorfeld einen TäterOpfer-Ausgleich gegeben, so wäre vielleicht Raum gewesen, um über eine Reduzierun­g der Tagessätze zu reden, so Grosse. „Der Wille, etwas wiedergutz­umachen, war leider auch nicht da.“Bis heute gibt es jedoch keine Schmerzens­geldzahlun­g.

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