Chefin am Bildschirm
Porträt Marietta Slomka ist bekannt für provokante Interviews. Wer aber ist die Frau, die seit 18 Jahren den Deutschen das Weltgeschehen erklärt?
Abends, Viertel vor zehn in Deutschland: Die Frau, die mit eisblauem Blick eindringlich aus dem Fernseher schaut, heißt Marietta Slomka. Seit 18 Jahren moderiert sie das „Heute-Journal“im
ZDF. Mehr als drei Millionen Menschen schauen der gebürtigen Kölnerin zu, wenn sie die politische Weltlage erklärt. Heute wird die Journalistin 50 Jahre alt.
Das Interesse für Politik wurde Slomka quasi in die Wiege gelegt. Ihr Vater war Lehrer und unterrichtete das Fach. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung erzählte die 50-Jährige einmal eine Anekdote: Wenn Wahlen anstanden, veranstalteten die Eltern eine Party. Die Teilnehmer durften auf den Ausgang wetten. Slomka wettete 1982 zum ersten Mal mit, vier Jahre, bevor sie ihr Abitur ablegte. Danach studierte sie Internationale Politik
und Volkswirtschaftslehre. Über die
Deutsche Welle kam sie schließlich zum ZDF. 2001 beerbte sie dort Alexander Niemetz beim „HeuteJournal“. Über ihr Privatleben spricht Slomka nicht. Ein paar Jahre lang war sie mit dem RTL-Kollegen Christof Lang verheiratet, 2013 gab das Paar seine Trennung bekannt. Kinder hat Slomka keine.
Dafür eine preisgekrönte Karriere. Regelmäßig sorgt sie für Schlagzeilen, wenn sie Spitzenpolitiker interviewt. Denn wenn Marietta Slomka Minister und Parteichefs während einer Live-Schalte im „Heute-Journal“hartnäckig befragt, verlieren die regelmäßig die Beherrschung. Ob Sigmar Gabriel, Andreas Scheuer oder Alexander Dobrindt – sie alle wurden schon vor einem Millionenpublikum „geslomkat“. Dass sie für ihre Fragetechnik regelmäßig kritisiert wird, stört die 50-Jährige nicht weiter. Als Journalistin sei es schließlich nicht ihre Aufgabe „politische Seelen zu streicheln“, erklärte die Kölnerin dem Onlineportal meedia.de.
Auch wenn sich Slomka regelmäßig auf einen Schlagabtausch mit ihren Gesprächspartnern einlässt – so richtig viel verrät sie nie darüber, was sie selbst von dem politischen Geschehen hält, über das sie da regelmäßig berichtet. Und wenn sie es doch tut, zum Beispiel, als sie einmal den US-Präsidenten Donald Trump einen „verhaltensauffälligen Onkel“nannte, sagt sie das, als würde sie den aktuellen Börsenkurs vorlesen – manchmal begleitet von einem ironischen Augenaufschlag. Leidenschaftlich wird Slomka, wenn sie sich mit sexistischen Kommentaren herumschlagen muss. Die Haltung junger Frauen, zu glauben, dass man sich allein durch Leistung ohne Quote durchsetzen könne, nannte sie 2011 „naiv“.
Kommentare wie diese äußert Slomka – anders als viele Journalisten-Kollegen – nicht in den sozialen Medien. Dort ist sie nur anonym unterwegs. Auf die Frage, warum sie kein Facebook nutze, erklärte Slomka 2018, sie wolle kein prominentes Forum für alle jene bieten, „die das dann wie eine Klotür nutzen für Hatespeech und Propaganda“. Direkt und flapsig: typisch Slomka eben.
Mareike König