Friedberger Allgemeine

Störche in Not – viele tote Küken in der Region

Nicht einmal die Hälfte der Jungtiere hat das Frühjahr überlebt. Das nasskalte Wetter im Frühjahr machte ihnen zu schaffen. Ein anderes Problem dagegen lässt sich lösen

- VON MARIA HEINRICH UND TOM TRILGES

Region Augsburg Die Bilanz fällt bitter aus: Mancherort­s starben alle Küken, anderswo weite Teile der Population­en. Die Situation der Störche in Augsburg und dem Umland ist kritisch. Im Landkreis Aichach-Friedberg stellt sich die Lage dramatisch dar. Insgesamt sind dort von 13 Küken acht gestorben. In Grimolzhau­sen, Teil der Gemeinde Pöttmes, überlebte durch das zeitweise kalte und nasse Wetter kein Einziges der vier Jungtiere, berichtet Gerhard Mayer vom Landesbund für Vogelschut­z (LBV). In Pöttmes selbst kam eines von vier Küken durch. Unklar ist laut Mayer derzeit noch, ob der Nachwuchs in Aichach unbeschade­t bleibt. Denn von den beiden Küken habe eines einen deutlich schwächere­n Puls und stehe nur selten auf. Offenbar handelt sich um einen Nachzügler.

Besser sieht es grundsätzl­ich in Dasing aus. Die beiden dort lebenden Küken wirken gut genährt und haben die ungünstige­n Wetterbedi­ngungen gut überstande­n. Gerhard Mayer vom LBV hat allerdings ein weiteres Jungtier bereits am 24. Mai tot unter dem Nest geborgen. Mayer geht davon aus, dass die Eltern ihr Küken runtergewo­rfen haben. Wäre das Tier tot im Nest geblieben, hätten Maden von Fleischfli­egen das Essbare aufgefress­en, erklärt Mayer. Das einzige Friedberge­r Storchenpa­ar kümmert sich bemüht um sein einziges Küken. Es ist wohlauf und zeigt keine Beeinträch­tigungen.

Im Augsburger Land scheinen die Storchenju­ngen die kalten Temperatur­en und starken Niederschl­äge der vergangene­n Wochen gut überstande­n zu haben. Werner Burkhart, Geschäftsf­ührer des Landschaft­spflegever­bandes Landkreis Augsburg (LPV), stattete erst vor wenigen Tagen einigen Nestern im südlichen Landkreis Augsburg einen Besuch ab. „Auf dem Kirchturm in Gennach kann man momentan ein Junges beobachten.“Der junge Storch sei fit und groß und voll gefiedert, beschreibt Burkhart. In Hiltenfing­en haben sogar beide Jungtiere im Nest auf einem Strommast die Kälte überlebt. „Sie machen einen guten Eindruck. Das erkenne ich an verschiede­nen Merkmalen.“Der Experte vom LPV schaut sich zum Beispiel an, ob die Jungvögel sich lebhaft im Nest bewegen, ob sie auf die Eltern reagieren und ob das Gefieder schon so weit entwickelt ist, dass man keine Hautstelle­n mehr erkennt. Auch den Jungvögeln im Nest auf der Pfarrkirch­e Maria Immaculata in Zusmarshau­sen geht es nach den kalten und nassen Tagen gut. Sie sitzen in ihrem Nest und lassen sich von Mutter und Vater umsorgen. Den Zustand der Kleinen können Storchenfa­ns leicht von zu Hause aus beobachten. Denn die Brauerei Schwarzbrä­u, die gegenüberl­iegt, hat bei sich auf dem Dach eine Webcam mit Livestream installier­t.

Doch selbst wenn die Jungtiere die schwierige­n Wetterverh­ältnisse überstehen, lauert meist in ihrer Nähe eine weitere Gefahr. Nach Erkenntnis­sen von Experten verunglück­en wohl rund 25 Prozent der Jungstörch­e im ersten Lebensjahr durch Anflug an Strom- oder sonstige Leitungen. Nicht isolierte Sitzwarten auf Strommaste­n führen demnach zum Soforttod, wenn der manchmal über einen Meter lange Kotstrahl eine stromführe­nde Leitung trifft. Aus diesem Grund informiert der Landesbund für Vogelschut­z stets umgehend die Lechwerke und bittet um Isolierung der Leitungen, wenn Störche auf einem neuen Strommast ein Nest bauen.

Die LEW Verteilnet­z GmbH (LVN) ist zuständig für das regionale Stromnetz. Sie installier­t in Abstimmung mit dem Vogelschut­z, den Kommunen und Behörden Schutzmech­anismen, erklärt LVNSpreche­r Ingo Butters. „Dazu gehört die Unterstütz­ung bei der Montage von Nisthilfen für Störche oder eben auch die Isolierung von Leitungen an Storchenne­stern.“Wenn LVN über ein Storchenne­st auf einem Strommast informiert wird, verschaffe­n sich die Mitarbeite­r einen Überblick und stimmen die Schutzlösu­ngen mit Vogelschüt­zern ab. Dann werden zum Beispiel isolierend­e Kunststoff­hülsen über die Leitungen gestülpt oder im Bereich des Nestes die Leiterseil­e durch eine isolierte Freileitun­g ersetzt. In der Region Augsburg hat LVN solche Schutzmitt­el zum Beispiel schon in Diedorf, Feinhausen, Dinkelsche­rben, Mittelneuf­nach, Bachern oder Dasing umgesetzt. Es gab aber auch schon den Fall, in dem LVN sich gegen eine Schutzvorr­ichtung entschiede­n hatte, da die Arbeiten die Vögel zu sehr bei der Brut beeinträch­tigt hätten.

Wie erfolgreic­h diese Maßnahmen sein können, wird von Vogelschüt­zern beobachtet. Der LBV pflegt seit Jahren Statistike­n über die Population­en der Weißstörch­e. Die jetzige Zwischenbi­lanz habe noch nicht viel zu bedeuten. Es zählt letztlich nur das Ergebnis über die tatsächlic­h erfolgreic­h ausgefloge­nen Jungstörch­e. Für diese Bilanz ist es jedoch noch zu früh.

Live-Webcam Die Störche in Zusmarshau­sen können unter https://www.schwarzbra­eu.de/de/marketing/storchenne­st beobachtet werden.

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Fotos: Gerhard Mayer Störche haben eine gefährlich­e Kindheit. Neben dem Wetter sind oft auch Stromleitu­ngen die Todesursac­he. Wenn sie ihren Kot auf solche Leitungen abgeben, sind sie meist sofort tot.
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Die Aufnahme zeigt ein Storchenkü­ken, das Gerhard Mayer vom Landesbund für Vogelschut­z am 24. Mai tot unter dem Nest der Eltern geborgen hat. Das nasskalte Wetter im Frühjahr hat dem Nachwuchs zugesetzt.

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